Zeitschrift Joule
Stellt Euch den Populisten in den Weg

erschienen in der Zeitschrift joule 2/2017, S.23.

"Postfaktisch" ist Wort des Jahres 2016. Bis ins Weiße Haus haben es seitdem die Populisten geschafft. Doch im Energiebereich sind in Deutschland parteiübergreifend nicht erst seit 2016 Populisten am Werk. Schon der Spruch des Ex-RWE-Chefs Großmann "Photovoltaikförderung in Deutschland ist so sinnvoll wie Ananaszüchten in Alaska" hatte durchaus Trump-Potenzial. Genau wegen dieser Arroganz hatte RWE die Energiewende vollständig verpennt. Zwischen 2004 und 2016 erzielte die Photovoltaik in Deutschland durch die Förderung Kostensenkungen um bis zu 90 Prozent. Auf die Schwemme billiger Ananas aus Alaska warte ich allerdings heute noch.

Die Union setze sich für Laufzeitverlängerungen von Kernkraftwerken ein, die als "Brückentechnologie" für die erneuerbaren Energien noch lange nötig seien - begrenzt regelbare Kraftwerke als Backup für stark fluktuierende Solar- und Windkraftanlagen. Halleluja. Aus der 2009 noch unverzichtbaren Kernenergie wollte Seehofer dann 2011 besonders rasch aussteigen, denn nach Fukushima wollte dann plötzlich niemand mehr was von der Kernkraftbrücke wissen. Dafür adelt nun die SPD Braunkohlekraftwerke, die ähnlich schlecht regelbar sind, zur neuen Brücke.

Bayerns CSU hält beim Populismus den Spitzenplatz. Der Bau von Windkraftanlagen wird dort genauso torpediert wie Stromtrassen für Windstrom aus anderen Bundesländern, obwohl nach dem Kernenergieausstieg eine Deckungslücke droht. Aber ich vergaß: In Bayern kommt der Strom ja einfach nur aus der Steckdose.

Der Klimaschutzplan der Bundesregierung zielt auf eine Begrenzung des weltweiten Temperaturanstiegs auf 1,5 °C. Dazu möchte man die Treibhausgase bis 2050 um 80 bis 95 Prozent reduzieren, womit aber das Einhalten der 1,5-Grad-Grenze gar nicht möglich ist. Egal. Mit den aktuellen Ausbauzielen für die Erneuerbaren schaffen wir selbst die 80 Prozent Einsparungen sowieso nicht mal ansatzweise. "Klimawandel? Welcher Klimawandel?", fragt da konsequenterweise die AfD.

Und die Grünen? Die wollen 100 Prozent Ökostrom bis 2030 bei einem Ausbau von 5 Gigawatt Windkraft und Photovoltaik pro Jahr. Auch damit klappen die 100 Prozent rein rechnerisch nicht. Willkommen im postfaktischen Zeitalter.

Es wird Zeit, dass wir Stopp rufen. Sonst wird der Klimawandel katastrophale Fakten schaffen. Nehmen wir den Kampf mit den Populisten auf. Nageln wir sie an ihren Widersprüchen fest. Schreiben Sie Leserbriefe, Kommentare auf Facebook und Twitter und diskutieren Sie. Konfrontieren wir sie mit harten Fakten. Denn damit entzaubern wir alle Populisten.

Volker Quaschning

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