Es vergeht kaum eine Woche, an dem nicht Vertreter der FDP, des CDU-Wirtschaftsflügels und der großen Energiekonzerne einen baldigen
Stopp des Photovoltaikausbaus in Deutschland fordern. Spätestens der 52-GW-Deckel soll das Ende des Photovoltaikbooms
in Deutschland einläuten. Durch die gesunkenen Photovoltaikpreise werden aber zunehmend photovoltaische Eigenverbrauchssysteme
interessant, die bald auch ohne erhöhte EEG-Vergütung konkurrenzfähig werden könnten. Hierbei werden neue Batteriespeicher genauso wie die
Kopplung der PV-Systeme mit den Wärmeerzeugern eine wichtige Rolle spielen. Während vor allem Anhänger
von solarthermischen Kollektorsystemen die neue Konkurrenz der Photovoltaik skeptisch beäugen, sehen
andere darin eine Chance, den Solarboom vom Strombereich endlich auch auf den Wärmebereich übergreifen zu lassen. Im Jahr 2011 wurden in
Deutschland gerade einmal knapp 0,9 GWth an solarthermischer Kollektorleistung installiert, während die Photovoltaik 7,5 GWel erreichte. Für einen wirksamen
Klimaschutz brauchen wir im Wärmebereich insgesamt aber mindestens 300 bis 400 GWth, um dort einen einigermaßen relevanten Anteil der Solarenergie
von gut 15 % zu erreichen. Mit den aktuellen Zubauraten der Solarthermie ist dieses Ziel alles andere als realistisch.
Mit der bereits erreichten Netzparität für Strom aus Photovoltaikanlagen, weiter fallenden Gestehungskosten
und gleichzeitig steigenden Bezugskosten für Öl und Gas, wird es bereits in naher Zukunft wirtschaftlich interessant,
auch einen Teil des PV-Stroms zu verheizen und so überschüssige Energie thermisch zu speichern. Nach der Netzparität ist nun
in wenigen Jahren die Ölparität zu erwarten (siehe Grafik 1). Kritiker verteufeln dieses Szenario gerne als exergetisch unvorteilhaften Akt
der Barbarei. Technisch würden bei derartigen Systemen Photovoltaikmodule lediglich solarthermische Kollektoren und den Kollektorkreis
ersetzen und die Wärme anstatt über einen Wärmetauscher über einen Heizstab in den Wärmespeicher einspeisen. Der
Rest des Systems bliebe gleich. Der jahresmittlere Wirkungsgrad der Photovoltaik wäre dabei derzeit noch etwas schlechter als der
des Solarkollektorsystems. Mit einer Wärmepumpe ließe sich der Wirkungsgrad der Photovoltaik jedoch über den eines solarthermischen
Kollektorsystems steigern. Für die Bewertung der Wirtschaftlichkeit der verschiedenen Heizungsvarianten ist dabei immer
individuell zu berücksichtigen, welche Systemkomponenten schon vorhanden sind oder noch angeschafft werden müssten. Vor diesem
Hintergrund sollte eine Diskussion über die zukünftigen Einsatzmöglichkeiten der Sonnenenergie im Wärmebereich vollkommen
technologieoffen und zunehmend verstärkt aus der Sicht der Gebäudeeigentümer und Investoren geführt werden.
Grafik 1: Bisherige und prognostizierte Kostenentwicklung der EEG-Vergütung für kleine PV-Systeme, Haushaltstrom- und Ölpreise
Zur Abschätzung der Einsatzmöglichkeiten eines einfachen Heizstabes zur Nutzung von Überschussstrom wurde dessen Verhalten
in der Simulationsumgebung „Insel“ mit Erzeugungs- und Lastdaten in minütlicher Auflösung simuliert. Die Lastdaten für Heizwärme-,
Trinkwarmwasser- und Strombedarf wurden mit Hilfe der VDI 4655 sowie Temperatur- und Strahlungsdaten in minütlicher Auflösung
generiert, sodass ein direkter Zusammenhang zwischen Wettereinfluss und Lastverhalten besteht. Als Referenzgebäude wurde
ein durchschnittlich saniertes Einfamilienhaus mit 127 m² Wohnfläche, einem 5-kW-PV-System und einem 200-l-Trinkwarmwasserspeicher
beziehungsweise 800-l-Pufferspeicher mit Schichtenladesystem gewählt. Zur Sicherstellung des Komforts, vor allem zur
Bereitstellung des Trinkwarmwassers, wurde dem Speicher ein Bereitschaftsvolumen von gut 10 % des gesamten Speichervolumens
bei einer Temperatur zwischen 50 und 70 °C vorgegeben. Die Regelung des Systems erfolgt über eine einfach umzusetzende
Struktur: Der erzeugte PV-Strom dient in erster Linie zur Deckung des Haushaltstrombedarfs. Überschüsse werden über den Heizstab
in den Trinkwarmwasser- beziehungsweise Kombispeicher bis zu einer maximalen Temperatur von 70 °C eingespeichert. Das
Stromnetz dient wie üblich als Einspeisesenke und Bezugsquelle für elektrische Energie, während die thermische
Versorgung über einen konventionellen Kessel gesichert wird (siehe Grafik 2).
Grafik 2: Systemaufbau des Referenzsystems mit 5-kW-PV-System, 800-l-Schichtenpufferspeicher sowie jährliche Energiemengen
Konventionelle Wärmeerzeuger laufen im Sommerbetrieb ausschließlich für den Trinkwarmwasserbedarf und daher oftmals stark
taktend bei gleichzeitig schlechten Wirkungsgraden. Wird dahingegen der überschüssige PV-Strom über einen Heizstab zur
Warmwassererzeugung genutzt, kann der Kessel im Sommer ruhen. Handelt es sich beim Speicher nur um einen Trinkwarmwasserspeicher,
befindet sich dieser sehr oft an der oberen Beladungsgrenze, da vergleichsweise wenig Wärme benötigt wird. Auch Tage
mit mittleren Solarerträgen reichen aus, um das Speichervolumen aufzuheizen, wie Grafik 3 an drei Tagen
im Mai zeigt. Mehr als 5.000 Stunden im Jahr verfügt der Speicher im Referenzsystem über einen Ladezustand (State of Charge = SOC)
von mehr als 90 %. Dabei kennzeichnet ein Ladezustand von 100 % einen vollkommen auf Maximaltemperatur durchgeheizten
Speicher, während der niedrigste Ladezustand (hier ca. 27 %) vom Volumen und der Temperatur
des vorgegeben Bereitschaftsvolumens abhängig ist.
Grafik 3: Nutzungs- und Versorgungsprofile für das Referenzsystem mit einem 200-l-Trinkwarmwasserspeicher
Primäres Ziel der Nutzung des PV-Stroms zur Warmwassererzeugung ist die Einsparung von fossiler Nachheizenergie. Die Höhe
der Einsparungen wird maßgeblich durch die Größe des PV-Systems und die Höhe des Warmwasserbedarfs bestimmt (siehe Grafik 4).
So erreicht ein 5-kW-PV-System nach Abzug des zeitgleich genutzten PV-Stroms für den Haushalt im Referenzgebäude einen solaren
Deckungsanteil am Warmwasserverbrauch von mehr als 80 %, wobei noch die Hälfte der erzeugten Strommenge ins Stromnetz
eingespeist wird. Dieser Eigenverbrauchsanteil von etwa 50 % schwankt bei gleicher Systemdimensionierung
in Abhängigkeit der im Haushalt lebenden Personen von 30 % (1 Person, 500 kWh/a Warmwasserbedarf
bzw. 1.700 kWh/a Strombedarf) bis 80 % (5 Personen, 2.500 kWh/a bzw. 8.700 kWh/a). Diese große Bandbreite lässt sich dadurch
erklären, dass mit steigender Personenanzahl sowohl die Bedarfe an elektrischer als auch an thermischer Energie nahezu
proportional ansteigen.
Grafik 4: Einsparung an konventioneller Nachheizenergie in Abhängigkeit der PV-Leistung und des Warmwasserbedarfs bei gleichzeitig steigendem Strombedarf von 1.700 bis 8.700 kWhel/a
Neben dem Vorteil des solar erwärmten Dusch und Badewassers ergeben sich auch negative Auswirkungen.
So erhöhen sich die jährlichen Speicherverluste gegenüber einem rein konventionellen System um 35 bis 114 kWh, was bis zu 2,5 %
des jährlichen PV-Ertrags bedeutet.
Reine Trinkwarmwasserspeicher in Einfamilienhaushalten sind von abnehmender Bedeutung. In vielen
Fällen besteht das zentrale Wärmeerzeugungssystem aus einem oder mehreren Wärmeerzeugern und einem
Kombispeicher. Zudem bestehen viele neue Anlagen aus hygienischen Gründen aus einem einfachen
Pufferspeicher mit dessen Hilfe das Trinkwarmwasser im Frischwasserprinzip erwärmt wird. Gemeinsam
haben beide Varianten, dass die Heizung und das Trinkwarmwasser auf dasselbe Speichervolumen zurückgreifen.
Während der Heizperiode befindet sich der thermische Speicher ohne nennenswerte PV-Erträge am
unteren Ladezustand. Im Gegensatz zum zuvor betrachteten System, können bei Systemen zur Trinkwassererwärmung
und Heizungsunterstützung sehr große PV-Erträge thermisch genutzt werden. Dadurch wird selbst an sonnigen Tagen kein PV-Strom in das
Netz eingespeist (siehe Grafik 5). Erst mehrere aufeinanderfolgende sonnenreiche Tage können den
Speicher vollständig durchheizen.
Grafik 5: Nutzungs- und Versorgungsprofile für das Referenzsystem mit einem 800-l-Kombispeicher
Bedingt durch das größere Speichervolumen und den zusätzlichen Raumwärmebedarf steigt der Eigenverbrauchsanteil
im Referenzsystem gegenüber dem reinen Trinkwarmwassersystem nochmals um 20 Prozentpunkte auf mehr als 75 % an. Da sich
jedes Gebäude im Dämmstandard unterscheidet, wurden die Einsparungen bei der Nachheizung auch
für effizientere Gebäude berechnet. Hierbei lässt sich bereits ein systembedingter Nachteil erahnen: Mit
steigendem Dämmstandard sinkt der Wärmebedarf und die Heizgrenze verlagert sich weiter in den Herbst
bzw. Winter, während die meisten Solarerträge nach wie vor im Sommer anfallen. Trotzdem ergeben sich
beim Referenzsystem Einsparungen an konventioneller Nachheizenergie von mehr als 10 %. Mit Verbesserung
des Dämmstandards lassen sich mit einem 5-kW-PV-System bis zu 40 % des Gesamtwärmebedarfs
über einen Heizstab decken (siehe Grafik 6). Allerdings nimmt durch den geringeren
Heizwärmebedarf bei verbessertem Gebäudestandard der Eigenverbrauchsanteil des PV-Stroms
ab, wodurch mehr PV-Überschüsse in das Netz eingespeist werden.
Grafik 6: Einsparung an konventioneller Nachheizung für das Referenzsystem bei einer Gebäudefläche von 127 m² in Abhängigkeit des Gebäudestandards und der PV-Leistung bei einem Strombedarf von 4.700 kWh/a
Mit weiteren Simulationen gilt es nun herauszufinden, welche Unterschiede sich im Systemverhalten
ergeben, wenn statt eines Heizstabes eine Luft/Wasser- oder eine Sole/Wasser-Wärmepumpe zum
Einsatz kommen. Tendenziell ist zu erwarten, dass sich eine höhere Einsparung an Nachheizenergie bei sinkendem
Eigenverbrauchsanteil ergibt. Der zusätzlich zur Verfügung stehende Solarstrom lässt daraufhin
eine eventuelle elektrische Speicherung attraktiver werden.
Die hier vorgestellte Untersuchung zeigt klar auf, dass mit der Photovoltaik kurz- bis mittelfristig eine
Technologie bereitsteht, die bei flächendeckendem, dezentralem Einsatz zur Lösung verschiedenster
Probleme der Energieversorgung beitragen kann. Die Herausforderung besteht darin, den Elektrizitäts-,
Wärme- und Transportsektor in Zukunft gemeinsam zu betrachten und Synergien zu nutzen. Nur so kann es
gelingen, bereits in den nächsten 30 Jahren eine nachhaltige Energieversorgung ausschließlich auf Basis
erneuerbarer Energien aufzubauen.
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