Faktencheck des Teils "Die Klimakrise" der offenen Antwort der CDU an REZO

Teil "Die Klimakrise" der offenen Antwort der CDU an REZO vom 23.05.2019 [CDU19][REZ19]

Prof. Dr. Volker Quaschning, Hochschule für Technik und Wirtschaft HTW Berlin, 23. Mai 2019

Die CDU schreibt: "Rezo hat Recht: Die AfD ist die einzige Partei in Deutschland, die den menschengemachten Klimawandel leugnet. Die CDU hat das Problem Klimawandel hingegen schon sehr früh erkannt und große Anstrengungen unternommen, gemeinsam mit anderen Ländern beim Klimaschutz voranzukommen. Denn: Klimawandel ist ein weltweites Problem."

Faktencheck: Es ist sehr zu begrüßen, dass alle im Bundestag vertretenen Parteien außer der AfD das Problem des Klimawandels anerkennen und auch zum Pariser Klimaschutzabkommen stehen. Eine andere Position stände allerdings auch im krassen Widerspruch zu belegten wissenschaftlichen Erkenntnissen. Dass eine Politik jenseits wissenschaftlicher Fakten möglich ist, zeigen unter anderem die USA. Es ist sehr zu wünschen, dass ein derartiger Politikstil in Deutschland nicht mehrheitsfähig wird.

Die CDU schreibt: "Deutschland muss mit gutem Beispiel vorangehen, doch alleine kann es das Klima nicht retten. Deutschland ist für 2,3 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich, China für 28 Prozent und die USA für 15 Prozent (https://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/klimakonferenz-in-katowice-wer-ist-klimasuender-nummereins- a-1241962.html). Das bedeutet: Wenn es Deutschland gelänge seine Emissionen innerhalb von acht Jahren linear auf null zu fahren und der Rest der Welt „Business as usual“ betriebe, würde sich der angesprochene Zeitpunkt, ab dem das 1,5 Grad-Ziel verfehlt wird, lediglich von Neujahr 2028 auf Anfang Februar 2028 verlagern. Das entbindet uns nicht von der Pflicht selbst etwas zu tun – zeigt aber umso mehr, dass alle mitmachen müssen."

Faktencheck: Luxemburg verursacht sogar nur 0,03 Prozent der weltweiten energiebedingten Kohlendioxidemissionen [IEA18]. Das entbindet aber das Land nicht, seinen Klimaschutz­verpflichtungen gerecht zu werden. Das Pariser Klimaschutzabkommen sieht vor, dass jedes Land seinen Klimaschutzbeitrag erbringt. Sie sagen selbst: China und die USA zusammen sind für 43 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich. Das bedeutet: 57 Prozent stammen von anderen Ländern. Selbst wenn es gelänge, dass China und die USA ihre Emissionen innerhalb von acht Jahren linear auf null fahren und der Rest der Welt inklusive Deutschland "Business as usual" betrieben, würde das 1,5-Grad-Ziel verfehlt. Es ist richtig, dass alle mitmachen müssen. In Deutschland liegen die energiebedingten Pro-Kopf-CO2-Emissionen mehr als doppelt so hoch wie der globale Durchschnitt [IEA18]. Dadurch haben wir auch eine besondere Verantwortung, beim Klimaschutz voranzugehen.

Die CDU schreibt: "Es ist der Bundeskanzlerin und CDU-Politikerin Angela Merkel zu verdanken, dass 1997 mit dem Kyoto-Protokoll ein Durchbruch erzielt wurde (https://www.bmu.de/pressemitteilung/klimaschutzprotokoll-in-kyotoverabschiedet/). Ein weiterer großer Erfolg der CDU-geführten Bundesregierung ist, dass sich 2015 in Paris nahezu alle Staaten der Welt auf ein völkerrechtlich verbindliches Klimaabkommen geeinigt haben, das die Erderwärmung auf möglichst sogar 1,5 Grad Celsius begrenzen soll. Hierzu müssen die Vertragsstaaten alle fünf Jahre immer ambitioniertere Klimaschutzpläne vorlegen. Wir befassen uns darüber hinaus intensiv mit der Frage, wie sich Deutschland der französischen Initiative der Klimaneutralität bis 2050 anschließen kann. (https://www.bundeskanzlerin.de/bkin-de/aktuelles/rede-von-bundeskanzlerin-merkel-zum-10-petersbergerklimadialog- am-14-mai-2019-in-berlin-1611002)."

Faktencheck: Lange Zeit hat sich Deutschland in internationalen Verhandlungen in der Tat für den Klimaschutz eingesetzt. Weder das Kyoto-Protokoll noch das Pariser Klimaschutzabkommen haben aber bislang dazu geführt, dass die weltweiten Treibhausgasemissionen stabilisiert, geschweige denn reduziert werden konnten. Inzwischen setzt sich Deutschland vor allem auf europäischer Ebene dafür ein, Klimaschutzziele und -maßnahmen abzuschwächen [Saa18]. Die deutsche Bundesregierung hat beschlossen, die Treibhausgasemissionen bis 2050 um 80 bis 95 Prozent zu reduzieren [BMU17]. Damit ist aber das Pariser Klimaschutzabkommen, dem Deutschland ebenfalls zugestimmt hat, nicht einzuhalten. Dafür müsste eine Klimaneutralität im Jahr 2035 erreicht werden [Rah19]. Insofern ist die deutsche Klimapolitik eher von Widersprüchen als ambitioniertem Einsatz geprägt. Das nationale Klimaschutzziel für 2005 hat Deutschland verfehlt und wird auch das Klimaschutzziel für 2020 sicher nicht einhalten können [Qua19].

Die CDU schreibt: "Deutschland geht auch weiterhin mit gutem Beispiel voran: - Die Gesamt-Emissionen in Deutschland sanken von 1990 bis 2017 um rund 344 Millionen Tonnen (Mio. t) oder 27,5 Prozent. Auch in 2018 sanken die Treibhausgas-Emissionen um ca. 4,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr (https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/384/bilder/dateien/2_abb_thgemissionen- seit-1990-nach-gasen_2019.pdf)"

Faktencheck: In Polen sind zwischen 1990 und 2016 die Gesamt-Emissionen sogar um 30,5 Prozent gefallen, in Rumänien sogar um 63,8 Prozent [UNF19]. Das bedeutet aber nicht, dass beide Länder hinsichtlich Klimaschutz besondere Vorreiter sind. In diesen Ländern sind genau wie in der ehemaligen DDR die Emissionen durch wirtschaftliche Umbrüche in den 1990er-Jahren stark eingebrochen. Ein größerer Teil des Emissionsrückgangs in Deutschland ist auf Wiedervereinigungsgewinne zurückzuführen. Der Rückgang im Jahr 2018 hat zu größeren Teilen witterungsbedingte Ursachen [UBA19]. Der Rückgang von Treibhausgasemissionen sollte nicht auf Wirtschaftskrisen und Dürresommern, sondern auf echten Klimaschutzmaßnahmen basieren. Zwischen 2000 und 2017 gingen die Treibhausgasemissionen in Deutschland um weniger als 0,8 Prozent pro Jahr zurück [UBA19]. Wird dieses Klimaschutztempo fortgesetzt, kann Deutschland erst deutlich nach dem Jahr 2100 klimaneutral werden.

Die CDU schreibt: "- Anteil der erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch stieg von 36,0 Prozent (2017) auf 37,8 Prozent (2018) nochmals deutlich an (https://www.umweltbundesamt.de/themen/klima-energie/erneuerbareenergien/ erneuerbare-energien-in-zahlen)"

Faktencheck: Der Anteil erneuerbarer Energien am Gesamtprimärenergieverbrauch, der neben der Stromerzeugung auch die Sektoren Wärme und Treibstoffe umfasst, lag im Jahr 2018 bei 14,0 Prozent. Von 2017 bis 2018 lag der absolute Anstieg bei 0,7 Prozent [AGE19]. Auch in den Vorjahren gab es keinen wesentlich größeren Anstieg. Wird das Energiewendetempo so fortgesetzt, ist eine klimaneutrale Energieversorgung auf Basis erneuerbarer Energien erst deutlich nach dem Jahr 2100 zu erwarten. Weder das Einhalten der selbst gesteckten Klimaschutzziele noch des Pariser Klimaschutzabkommens sind so möglich. Der Windenergieausbau an Land ist in Deutschland 2018 um mehr als die Hälfte zurückgegangen. Im ersten Quartal 2019 kam er sogar fast zum Erliegen [IWR19]. Setzt sich dieser Trend fort, könnte ab dem Jahr 2019 die installierte Windkraftleistung in Deutschland sogar sinken anstatt weiter anzusteigen. Damit hätte Deutschland überhaupt keine Möglichkeit mehr, klimaneutral zu werden.

Die CDU schreibt: "- Stromerzeugung aus Photovoltaik (PV) stieg im Jahr 2018 gegenüber dem Vorjahr um über 17 Prozent auf nunmehr 46,2 TWh an. Die Stromgewinnung auf diesem Wege hat sich 2010 vervierfacht (https://agenergiebilanzen. de/index.php?article_id=29&fileName=20181214_brd_stromerzeugung1990-2018.pdf)"

Faktencheck: Das Jahr 2018 war aufgrund des Dürresommers besonders sonnig. Daher waren die Erträge vor allem durch klimatische Ereignisse ungewöhnlich hoch. Der Zubau der Photovoltaik lag bei 7 und nicht bei 17 Prozent. Wie bereits zuvor erläutert ist dieser Zubau nicht einmal ansatzweise groß genug, um die für den Klimaschutz nötigen Trebhausgaseinsparungen erreichen zu können.

Die CDU schreibt: "- Zubau neuer Photovoltaik-Kapazitäten steigt seit einigen Jahren wieder kontinuierlich an. (https://www. solarwirtschaft.de/fileadmin/user_upload/bsw_faktenblatt_pv_2019_3.pdf) Zugleich sind durch günstigere Produktionsstandorte für Photovoltaik im Ausland Arbeitsplätze dorthin abgewandert – und nicht wegen mangelnder Investitionen in diesem Bereich; allein China stellt inzwischen durch günstige Produktion 65 Prozent aller Jobs in dem Bereich (https://3pkem226sk6p252wx4117ivb-wpengine.netdna-ssl. com/wpcontent/uploads/sites/4/2018/05/IRENA_Jobs_Solarbranche_weltweit_2017.jpg)"

Faktencheck: Der Zubau der Photovoltaik wurde in Deutschland durch politische Eingriffe zwischen 2012 und 2015 um 80 Prozent von 7,6 auf 1,5 Gigawatt reduziert. Im Jahr 2018 hat er sich leicht auf rund 3 Gigawatt erholt, liegt aber immer noch um mehr als 50 Prozent unter dem Zubau von 2012 [Qua19b]. Sicherlich hat auch die Konkurrenz mit China zu einem starken Druck auf den Photovoltaikmarkt in Deutschland geführt. Während China wirtschaftsstrategisch den Ausbau der Photovoltaik vorangetrieben hat, hat Deutschland der Photovoltaikbranche quasi die Unterstützung weitgehend entzogen. Auch jetzt wird durch die Regierung eine starke Unsicherheit in der Branche erzeugt. Das derzeitige EEG-Gesetz enthält einen Deckel, der vorsieht, Photovoltaikstrom überhaupt nicht mehr zu vergüten. Dieser Deckel könnte im nächsten Jahr greifen. Die Kombination aus chinesischer Konkurrenz, dem Einbruch des Photovoltaik-Heimatmarktes um 80 Prozent und politische Unsicherheiten haben letztendlich zu einem Verlust von 80.000 Arbeitsplätzen in der Photovoltaik geführt. Rund 40.000 Arbeitsplätze sind derzeit akut in der Windbranche bedroht.

Die CDU schreibt: "- Weiterer Umstieg auf Erneuerbare kann nur dann gelingen, wenn Versorgungssicherheit erreicht werden kann. Und dafür braucht es Speicher, Netzausbau, räumliche Ausbaumöglichkeiten für die Erneuerbaren und Technologieoffenheit zur Emissionsvermeidung. Vieles davon wird durch Anwohner, aber auch durch Umweltschützer, gebremst. Seien es Klagen gegen Windkraftanlagen oder Trassenführung. Daher ist die CDU auch hier gesetzgeberisch tätig geworden, um die erforderlichen Baumaßnahmen z.B. für Stromstrassen leichter umsetzen zu können."

Faktencheck: Bereits im Jahr 2010 hat das Umweltbundesamt nachgewiesen, dass eine sichere Energieversorgung ausschließlich auf Basis erneuerbarer Energien möglich ist [UBA10]. Dazu bedarf es im Wesentlichen großer Speicherkapazitäten auf Gasbasis. Eine schnelle, umfassende und flächendeckende Einführung von Speichern ist derzeit nicht Gegenstand der deutschen Politik. Auch ohne den Zubau von Leitungstrassen wäre der schnelle Zubau großer erneuebarer Kraftwerkskapazitäten möglich. In oder in der Nähe von Städten lassen sich sofort sehr große Photovoltaikkapazitäten ohne den Ausbau von großen Stromtrassen errichten. Vor allem in Süddeutschland gibt es auch noch etliche Windkraftstandorte, die ohne den Ausbau von Höchstspannungsleitungen erschlossen werden können. Im CSU-geführten Bundesland Bayern wurden die Abstandsregeln für Windkraftanlagen so verschärft (10-H-Regelung), dass kaum mehr neue Standorte gefunden werden können. In Kombination mit der geänderten Förderung von Windkraftanlagen auf Bundesebene hat das dazu geführt, dass in Bayern aber auch in Baden-Württemberg im ersten Quartal 2019 keine einzige Windkraftanlage mehr errichtet wurde.

Die CDU schreibt: "Zum Kohleausstieg gibt es Folgendes zu sagen: Für diesen Ausstieg aus dieser – in der Tat sehr klimaschädlichen – Art der Stromproduktion ist ein gesellschaftlicher Kompromiss nötig. Denn es geht nicht, wie in dem Film behauptet wird, „nur“ um 20.000 Arbeitsplätze. Mit allen neben den direkt im Kohlebergbau Beschäftigten gibt insgesamt rund 60.000 Jobs, die direkt abhängig von dieser Industrie sind. Radikale und vermeintlich einfache Schritte gehen wir hier bewusst nicht: Denn es ist unsere Aufgabe als Partei in Verantwortung, zu berücksichtigen, was ein Kohleausstieg für die betroffenen Menschen, die betroffenen Regionen und für eine stabile Energieversorgung eines Industrielandes wie Deutschland bedeutet. Wir wollen die Klimaziele einhalten, wollen zugleich aber auch dafür sorgen, dass Energie für alle – auch Menschen mit geringem Einkommen – bezahlbar bleibt. Diesen gesellschaftlichen Gesamtkonsens hat die CDU übrigens auch schon gegen viele Widerstände bei den Steinkohlesubventionen erreicht – welche schrittweise beendet werden."

Faktencheck: Umfangreiche Ausführungen zum Kohleausstieg enthält meine
Stellungnahme für den Wirtschaftsausschuss des Deutschen Bundestags [Qua19]. Danach sollte der Kohleausstieg für einen wirksamen Klimaschutz im Jahr 2030 abgeschlossen sein. In der ScientistsForFuture-Stellungnahme empfehlen 26.800 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ebenfalls: "Die Verbrennung von Kohle sollte bereits 2030 fast vollständig beendet sein, die Verbrennung von Erdöl und Erdgas gleichzeitig reduziert werden, bis alle fossilen Energieträger durch klima­neutrale Energiequellen ersetzt worden sind." Die Bundesregierung plant derzeit einen Kohleausstieg für das Jahr 2038, der fast zwangsweise zum Verfehlen der Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens führen wird. Gleichzeitig ist wenig verständlich, warum für den Erhalt von wenig zukunftsfähigen Arbeitsplätzen in der Kohle deutlich mehr Arbeitsplätze in der Solar- und Windbranche geopfert wurden oder bedroht sind. Das ist weder wirtschafts- noch klimapolitisch sinnvoll.

Die CDU schreibt: "Und zur CO2-Steuer dieses: Wir sind nicht generell gegen Bepreisung von CO2. Die CDU hat sich zuletzt auf ihrem Parteitag in Hamburg 2018 für marktwirtschaftliche Instrumente bei der Bepreisung von Emissionen ausgesprochen (https://www. cdu.de/system/tdf/media/images/780x439_artikel_slider/181208-beschluss-soziale-marktwirtschaft. pdf?file=1&type=field_collection_item&id=17496; S. 13). Wir sind davon überzeugt, dass ein verbindliches Bepreisungssystem für CO2 ein echter Klimaschutzbeitrag für Deutschland, Europa und die Welt wäre. Was wir skeptisch sehen, ist die Einführung einer einfachen CO2-Steuer, erst recht im nationalen Alleingang. Wir müssen im europäischen und internationalen Rahmen vorankommen und wir brauchen intelligente und ausgewogene Lösungen. Wir brauchen Klimaschutz mit Lösungen, die eine echte Lenkungswirkung haben, wirtschaftlich sinnvoll sind und sozial akzeptabel. Wir brauchen Lösungen, die gerade Menschen mit kleineren und mittleren Einkommen oder Pendler nicht überfordern und ihnen Möglichkeite eröffnen zusätzlich Belastungen zu vermeiden. Und wir brauchen Lösungen, die die Wettbewerbsfähigkeit unseres Mittelstands nicht schwächen. Alles was wir für den Klimaschutz unternehmen, braucht dauerhafte gesellschaftliche Akzeptanz."

Faktencheck: Wirklich neu ist diese Diskussion und Argumentation nicht. Die Enquete-Kommission "Schutz der Erdatmosphäre" des Deutschen Bundestages schrieb unter Vorsitz eines CDU-Abgeordneten bereits im Jahr 1994: "Die Enquete-Kommission empfiehlt, die Bundesregierung möge sich bei der Europäischen Union nachhaltig dafür einsetzen, daß eine Unions-weite CO2-Energie-Steuer zustandekommt." [Enq95] Eigentlich sollten 25 Jahre ausreichend sein, bei einem echten Willen eine entsprechende Regelung herbeizuführen.

Die CDU schreibt: "Und zur ehrlichen Analyse der Wirkungen von CO2-Steuern in anderen Ländern wäre noch zu ergänzen: Tatsächlich war Großbritannien bei der Emissionsreduktion gerade im letzten Jahrzehnt erfolgreich. Ein wesentlicher Grund dafür ist die erheblich gesteigerte Nutzung der Kernkraft: seit 2008 von 13 auf 21 Prozent (https://www.gov.uk/government/statistics/electricity-section-5-energy-trends). Wir haben uns in Deutschland hingegen bewusst auf die Absenkungen der Kernkraftanteile verständigt (von 23 auf 12 Prozent) und sehen den Ausstieg aus dieser Form der Stromerzeugung vor (https://ag-energiebilanzen.de/index.php?article_ id=29&fileName=20181214_brd_stromerzeugung1990-2018.pdf). Hier muss man sich entscheiden: Wenn man den Ausstieg aus der Kernkraft will, dann wird die Reduktion des CO2-Ausstoßes nur langsamer organisiert werden können."

Faktencheck: Hier wird suggeriert, die Kernenergie würde einen essentiellen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Die Prozentwerte beziehen sich allerdings nur auf die Stromerzeugung nicht auf den Gesamtenergiebedarf. Betrachtet man den Anteil der Kernenergie am gesamten Primärenergiebedarf in Deutschland, ist dieser seit 2008 von 11,3 auf 6,4 Prozent gefallen. Diesen Restanteil gilt es gemäß dem Ausstiegsbeschluss zusätzlich zu den Klimaschutzbemühungen bis 2022 zu ersetzen. Im Vergleich zum Anteil fossiler Energieträger von 79,2 Prozent im Jahr 2018 ist dieser Anteil aber gering. Zum Erreichen der Klimaschutzziele müssen diese 79,2 Prozent, wie bereits zuvor erläutert, in den nächsten 16 Jahren, also bis 2035 ersetzt werden. Unterstellt man gemäß der Argumentation der CDU, dass die erneuerbaren Energien zur Substitution der Kernenergie beim Ersatz fossiler Energieträger fehlen, würde die Energiewende 1,3 Jahre länger dauern. Sollte aus diesem Grund die Klimaneutralität erst im März 2037 statt im Dezember 2035 erreicht werden, dürften das sicher auch auf breiter Basis mehrheitsfähig sein. Großbritannien ist insofern auch ein sehr schlechtes Beispiel, weil dieses Land mit dem Kraftwerk Hinkley Point C einen Kernkraftwerk-Neubau plant, bei dem der Strom rund dreimal so hoch vergütet werden soll wie heutiger Solarstrom in Deutschland kostet. Dies widerspricht in eklatanter Weise der zuvor genannten Forderung einer wirtschaftlich tragfähigen Energieversorgung.

Gesamtfazit: In diesem Faktencheck wurden keine belastbaren Aussagen der CDU gefunden, welche die Inhalte in Bezug auf Klimaschutz des Videos von Rezo substanziell widerlegen.

Einen sehr guten Faktencheck der Aussagen des Rezo-Videos hat Kollege Stefan Rahmstof erstellt. Auch er gibt ihm in den wesentlichen Aussagen recht.

Quellen:

[AGE19] Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen AGEB: Energieverbrauch in Deutschland 2018. AGEB 2019. https://www.ag-energiebilanzen.de/

[BMU17] Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Reaktorsicherheit BMU: Der Klimaschutzplan 2050 – Die deutsche Klimaschutzlangfriststrategie. 05.10.2017.https://www.bmu.de/themen/klima-energie/klimaschutz/nationale-klimapolitik/klimaschutzplan-2050/

[CDU19] CDU: Offene Antwort an Rezo: Wie wir die Sache sehen, 23.05.2019. https://www.cdu.de/artikel/offene-antwort-rezo-wie-wir-die-sache-sehen

[Enq95] Enquete-Kommission "Schutz der Erdatmosphäre" des Deutschen Bundestages (Hrsg.): Mehr Zukunft für die Erde. Economica Verlag Bonn, 1995, S. 1020.

[IEA18] International Energy Agency IEA (Hrsg.): Key World Energy Statistics 2018. https://webstore.iea.org/key-world-energy-statistics-2018

[IWR19] Internationales Wirtschaftsforum Regenerative Energien IWR: Windausbau kommt im 1. Quartal 2019 fast zum Erliegen, 30.04.2019. https://www.iwr.de/windenergie/wind-news.php?id=35991

[Qua19] Quaschning, Volker: Stellungnahme für die öffentliche Anhörung zum Thema "Kohleausstieg" im Ausschuss für Wirtschaft und Energie des Deutschen Bundestages, 15.05.2019. https://www.volker-quaschning.de/artikel/2019-05_Stellungnahme-Kohleausstieg/index.php

[Qua19b] Quaschning, Volker: Installierte Photovoltaikleistung in Deutschland. 4/2019. https://www.volker-quaschning.de/datserv/pv-deu/index.php

[Rah19] Rahmstorf, Stefan: Wie viel CO2 kann Deutschland noch ausstoßen? Spektrum.de | SciLogs. 28.03.2019. https://scilogs.spektrum.de/klimalounge/wie-viel-co2-kann-deutschland-noch-ausstossen/

[Rez19] Rezo ja lol ey: Die Zerstörung der CDU, 18.05.2019. https://www.youtube.com/watch?v=4Y1lZQsyuSQ

[Saa18] Saarbrücker Zeitung: Klimaschutz auf der Kriechspur, 09.10.2018. https://www.saarbruecker-zeitung.de/nachrichten/politik/topthemen/co2-grenzwerte-deutschland-bremst-die-eu-beim-klimaschutz-aus_aid-33584211

[SF419] Scientists For Future: Gemeinsame Stellungnahme von 26.800 deutschen, österreichischen und Schweizer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu den Protesten für mehr Klimaschutz. 2019. www.scientists4future.org

[UBA10] Umweltbundesamt UBA: Energieziel 2050: 100 Prozent Strom aus erneuerbaren Quellen, 07.07.2010. https://www.umweltbundesamt.de/presse/pressemitteilungen/energieziel-2050-100-prozent-strom-aus-erneuerbaren

[UBA19] Umweltbundesamt UBA: Treibhausgas-Emissionen in Deutschland, 25.05.2019. https://www.umweltbundesamt.de/daten/klima/treibhausgas-emissionen-in-deutschland#textpart-1

[UNF18] United Nations Framework Convention on Climate Change UNFCCC: National greenhouse gas inventory data for the period 1990–2016. Katowice 2018. https://unfccc.int/documents/182572

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