erschienen in Sonne Wind & Wärme 4/2000 S.50-53
Solarthermische Kraftwerke produzieren kostengünstig die Hälfte des weltweit erzeugten Solarstroms. Zahlreiche neue Projekte sind am Entstehen, die auch für die Wirtschaft und Elektrizitätsversorgung in Deutschland von großer Bedeutung sein können.
Im Bereich der solarthermischen Kraftwerke zur Stromerzeugung sind zahlreiche neue vielversprechende Projekte in Vorbereitung. Zu den derzeit bereits weltweit kommerziell betrieben solarthermischen Kraftwerken mit einer elektrischen Leistung von 354 MW sind weitere Großprojekte in Planung, die mit Hilfe der Solarenergie kostengünstige, umweltfreundliche elektrische Energie produzieren - und das mit einer garantierten gesicherten Leistung, da die Anlagen meist mit konventionellen Wärmekraftwerken kombiniert sind.
Aufgrund der niedrigen Kohlendioxid-Vermeidungskosten, stellen die Sonnen-Kraftwerke ein wichtiges Standbein für eine nachhaltige Energieversorgung und den Klimaschutz dar. Durch die Integration in fossile thermische Kraftwerke wird der Übergang zur solaren Energiewirtschaft erleichtert. Außerdem lassen sich sehr schnell große Leistungen errichten, denn nur wenn der Anteil der Solarenergie über den Promillebereich hinausgeht, kann die Sonne einen wirksamen Beitrag zum Klimaschutz leisten.
Seit nunmehr über 15 Jahren befinden sich solarthermische Kraftwerke zur Umwandlung von Solarstrahlung in Elektrizität in kommerziellem Einsatz. Sie liefern zur Zeit etwa die Hälfte des weltweit produzierten Solarstroms und dies zu erheblich günstigeren Kosten als andere Techniken zur Stromerzeugung aus Solarenergie. Nach den Ölpreiskrisen wurden in den Jahren 1984 bis 1991 in Kalifornien in den USA auf einer Fläche von über sieben Quadratkilometern neun Parabolrinnen-Kraftwerke, die sogenannten SEGS-Kraftwerke (Solar Electric Generation Systems) installiert, die zusammen eine Spiegel-Aperturfläche von 2,3 Millionen Quadratmeter besitzen. Bis heute haben sie über 8 Milliarden Kilowattstunden elektrische Energie produziert. Hierbei konnten die solaren Stromgestehungskosten von 0,27 US$ pro kWh (0,58 DM pro kWh nach aktuellem Kurs) beim Kraftwerk SEGS I auf etwa 0,12 bis 0,14 US$ pro kWh (0,26 DM pro kWh bis 0,30 DM pro kWh nach aktuellem Kurs) bei den zuletzt installierten Anlagen gesenkt werden.
Abb. 1: Parabolrinnen-Kraftwerke bei Kramer Junction in Kalifornien (USA)
Foto: Flabeg Solar International
Die Anlagen SEGS II bis SEGS IX können auch fossil betrieben werden, sodass sie auch nachts oder bei Schlechtwetterperioden Elektrizität liefern. Der jährliche Erdgasanteil an der zugeführten thermischen Energie ist bei diesen Anlagen gesetzlich jedoch auf 25 % begrenzt. Die Gesamtinvestitionen für die Anlagen betrugen mehr als 1,2 Milliarden US$ (2,58 Mrd. DM nach aktuellem Kurs), wobei ein großer Teil der Anlagenkomponenten aus Deutschland bezogen wurde – darunter Spiegel von Flabeg Solar International (früher Pilkington) in Köln. Aufgrund des dabei gewonnen Know-hows und der weiterentwickelten europäischen Technologie (siehe Parabolrinnen-Kraftwerke) wird auch die Errichtung künftiger Kraftwerke mit einem hohen Exportaufkommen für die deutsche Wirtschaft verbunden sein.
Abb. 2: Vereinfaches Schema des Parabolrinnen-Kraftwerks
Neben dem Betrieb der kommerziellen Anlagen in den USA und den Projektentwicklungen gibt es weltweit Forschungszentren zur Weiterentwicklung der solaren Kraftwerkstechnik. Das größte europäische Testzentrum, die Plataforma Solar de Almería (PSA) befindet sich in Tabernas in der Nähe von Almería in Südspanien. Hier erprobt das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. (DLR) in Zusammenarbeit mit dem spanischen Energieforschungszentrum Ciemat sowie internationalen Industriepartnern neueste solarthermische Kraftwerkskomponenten. Ziel ist hierbei, die Wirkungsgrade zu erhöhen sowie die Kosten weiter zu senken. Seit dem Reaktorunglück in Tschernobyl im Jahr 1986 wurde dieses Testzentrum im Rahmen eines Kooperationsvertrags zwischen Ciemat und dem DLR zu gleichen Teilen von der spanischen und deutschen Regierung finanziert, bis das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Jahr 1998 seinen Beitrag zur Grundfinanzierung der PSA aufkündigte. Seitdem beschränkt sich die deutsche Beteiligung an der Plataforma Solar auf einzelne Projekte, die von der EU, dem Bundesministerium für Wirtschaft (BMWi), privaten Industriefirmen und dem DLR selbst finanziert werden.
In der konzentrierenden solarthermischen Kraftwerkstechnik sind folgende drei verschiedene Kraftwerksprinzipien für die Stromerzeugung am vielversprechendsten:
Bei den bereits schon erwähnten Parabolrinnen-Kraftwerken wird eine große Zahl von Parabolrinnen-Spiegeln parallel zueinander aufgestellt und einachsig der Sonne nachgeführt. Im Brennpunkt der Spiegel läuft ein Absorberrohr mit einer evakuierten Glasröhre, in der sich ein selektiv beschichteter Metallabsorber befindet, auf den das Sonnenlicht mehr als 80-fach konzentriert wird. Das Wärmeträgermedium durchströmt den Absorber und nimmt die Wärme auf. Bei den bisher gebauten Anlagen wird hierfür ein Thermoöl verwendet, das bis auf rund 390 °C erhitzt werden kann. Über einen Wärmetauscher wird die thermische Energie an einen Dampfturbinen-Prozess weitergegeben, über den dann elektrische Energie erzeugt wird.
Abb. 3: Parabolrinnen der Direct-Solar-Steam-Versuchsanlage auf der PSA
Foto: Volker Quaschning
Im Rahmen des von der EU geförderten DISS (Direct Solar Steam)-Projekts wird das Thermoöl durch Wasser ersetzt, das bei Temperaturen bis über 400 °C und einem Druck von bis zu 100 bar direkt verdampft und überhitzt wird, sodass es direkt in eine Turbine geleitet werden kann. Wärmetauscher und Thermoöl werden somit überflüssig, wodurch sich Kosten einsparen lassen. Weitere Kosteneinsparungen sollen im Projekt EUROtrough erreicht werden, indem eine optimierte Kollektorstruktur entwickelt wird, die kostengünstiger zu fertigen ist und mit der zudem noch ein höherer Wirkungsgrad erzielt werden kann. Beide Projekte werden derzeit an der PSA unter Beteiligung von zahlreichen Industriepartnern aufgebaut und getestet. Die Ergebnisse sind vielversprechend! Während beim ersten kommerziellen Parabolrinnen-Kraftwerk SEGS I der mittlere solarelektrische Wirkungsgrad noch unter 10 % liegt, sind bei neuen Anlagen Wirkungsgrade um 15 % zu erwarten.
Bei einem Solarturm-Kraftwerk wird das Sonnenlicht von mehreren Hundert oder gar Tausend zweiachsig nachgeführten Spiegeln, sogenannten Heliostaten auf einen einzigen Fokus konzentriert. Dieser Fokus wird auf einen Strahlungsempfänger (Receiver) ausgerichtet, der sich auf einem Turm befindet, sodass er von allen Spiegeln aus erreicht werden kann. Im Gegensatz zu den Parabolrinnen- Kraftwerken gibt es bei den Solarturm- Kraftwerken bisher noch keine kommerziellen Anlagen. In Almería (Spanien), Barstow (USA) und Rehovot (Israel) sind jedoch Versuchanlagen in Betrieb, mit denen Anlagenkomponenten optimiert werden sollen oder neue Komponenten ausgetestet werden.
Abb. 4: CESA-1 Solar-Turmkraftwerk auf dem Gelände der südspanischen Forschungseinrichtung Plataforma
Solar de Almería (PSA)
Foto: Stefan Franzen
Bisher kommen zwei Receiver-Technologien zum Einsatz, die über einen Wärmetauscher mit einem mit einem konventionellen Dampfturbinenkreislauf gekoppelt sind: Beim Salzschmelzenreceiver dient flüssiges Salz als Wärmeträger, das im Receiver erhitzt wird. Außerdem gibt es offene volumetrische Luftreceiver, bei denen Luft durch ein Metalldrahtgestrick-Absorber gesaugt und auf Temperaturen von über 700 °C erhitzt wird.
Auf der PSA wird derzeit ein geschlossener Druckreceiver entwickelt und gestestet, in dem Luft unter Druck erhitzt wird. Dieser lässt sich direkt mit einer Gasturbine koppeln, wodurch eine deutliche Erhöhung des Wirkungsgrads erreicht werden kann. Insgesamt lassen Solarturm-Kraftwerke bessere Gesamtwirkungsgrade erwarten als Parabolrinnen-Kraftwerke.
Bei einer Dish/Stirling-Anlage wird die Solarstrahlung durch einen zweiachsig nachgeführten Hohlspiegel (Dish, engl.: Schüssel) auf einen Brennpunkt konzentriert. Dort befindet sich wie beim Solarturm-Kraftwerk ein Receiver, zur Aufnahme der Wärme. Ein Stirling-Motor setzt die Wärme in mechanische Energie um, mit der über einen elektrischen Generator schließlich elektrische Energie erzeugt wird. Im Receiver wird die Solarstrahlung etwa 4.000fach konzentriert und es werden Temperaturen von 800 °C erreicht. Der maximale Systemwirkungsgrad liegt über 20 %. Die größten bisher gebauten Systeme wurden in Saudi-Arabien errichtet. Bei einem Konzentratordurchmesser von 17 m erreichten sie eine Nennleistung von 50 kW. An der PSA sind Systeme mit einem Durchmesser von 8,5 m und einer Nennleistung von 10 kW im Einsatz. Ziel der aktuellen Forschungsvorhaben ist eine Kostenreduktion durch eine selbsttragende Kollektorstruktur sowie ein möglicher Hybridbetrieb mit Biogas, das direkt in der Anlage verfeuert wird.
Abb. 5: Dish/Stirling Versuchsanlagen auf dem Testgelände der PSA
Foto: Wolfgang Reinalter
Solarthermische Kraftwerke sind die wirtschaftlichsten Anlagen zur Stromerzeugung aus Sonnenenergie. Abb. 6 zeigt Stromgestehungskosten realisierter und künftiger solarthermischer Kraftwerksprojekte. Mit analogen finanzierungsspezifischen Rahmendaten wurde mit Hilfe des Programms greenius, das derzeit für die Simulation regenerativer Kraftwerksprojekte an der PSA entwickelt wird, die Stromgestehungskosten für PV-Anlagen berechnet. So ist für heute gebaute Anlagen in Deutschland mit Stromgestehungskosten von etwa 0,90 Euro/kWh und bei einer Kostendegression von 6 % pro Jahr im Jahr 2020 immer noch mit 0,25 Euro/kWh zu rechnen. Bei Standorten in Nordafrika mit einer Globalstrahlung von über 2.000 kWh/(m² a) sinken diese Kosten heute auf 0,45 Euro/kWh und im Jahr 2020 auf 0,13 Euro/kWh und liegen damit immer noch erheblich über denen solarthermischer Kraftwerke.
Abb. 6: Stromgestehungskosten solarthermischer Kraftwerke für verschiedene Strahlungssummen der DNI (Direkt-Normalstrahlung)
Trotz der Vorteile der solarthermischen Kraftwerkstechnik gib es bisher noch keine selbsttragende Marktentwicklung. Gegen moderne, fossil befeuerte Kraftwerke sind Solartechniken auch bei Kosten unter 0,15 Euro/kWh nicht wettbewerbsfähig, weil vermiedene Umweltlasten betriebswirtschaftlich nicht gutgeschrieben werden.
Sicher würde eine positive Meinungsbildung in deutschen Unternehmen der Branchen Elektro, Anlagen, Elektrizität, Glas u. a. sehr gefördert, wenn sich die Bundesregierung unter umwelt- und energiewirtschaftlichen, aber auch entwicklungs- und technologiepolitischen Aspekten zu dieser Option bekennen würde. Schließlich hat die Regierung die vorhandene deutsche Kompetenz mit erheblichen Fördermitteln aufgebaut. Weiterhin ist ein politisches Engagement der Bundesregierung ist insbesondere bei der Meinungsbildung in potentiellen Standortländern erforderlich.
Strom aus solarthermischen Kraftwerken aus Südeuropa oder Nordafrika könnte kurzfristig auch bei
europäischen Anbietern von grünem Strom vertrieben werden und somit zu einer kostengünstigen
und klimaverträglichen Elektrizitätsversorgung beitragen, sobald die technischen und wirtschaftlichen
Randbedingungen zur Durchleitung von Solarstrom nach Mitteleuropa bei geklärt sind.
Pilkington Solar International (Hrsg.): Statusbericht Solarthermische Kraftwerke. Köln: Flabeg Solar 1996, ISBN 3-9804901-1-4.
DGS (Hrsg.): Schwerpunkt solarthermische Kraftwerke. In: Sonnenenergie Heft 3/1998.
Quaschning, Volker: Regenerative Energiesysteme. Carl Hanser Verlag München.
www.dlr.de/sf
www.psa.es
www.solarpaces.org
www.energy.gov/eere/solar
Eine Vielzahl an Artikeln behandelt aktuelle Themen der Energiepolitik, des Klimaschutzes und des Einsatzes erneuerbarer Energien.
In verschiedenen Print-, Radio- und TV-Interviews nimmt Volker Quaschning Stellung zu aktuellen Fragen über die Energiewende und eine klimaverträgliche Energieversorgung.
Das Wachstum erneuerbarer Energien steigt kontinuierlich. 2023 haben erneuerbare Energien bereits einen Anteil an der weltweiten Kraftwerksleistung von 45 Prozent erreicht. Kernkraftwerke liegen dagegen nur noch bei 4 Prozent. Für wirksamen Klimaschutz muss der Ausbau erneuerbarer Energien aber noch weiter gesteigert werden.
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