Warum eigent­lich keine EEG-Umlage auf Eigen­verbrauch in Kern- und Kohle­kraft­werken?

als Gastkommentar erschienen bei photovoltaik.eu am 05.02.2013

Eigenverbaruchsumlage für Kernkraftwerke Seit Bundes­umwelt­minister Altmaier Ende Januar seine Vor­schläge zur Strom­preis-Sicherung im EEG vorge­stellt hat, ist die Erneuer­bare-Energien-Branche in heller Aufregung. Werden alle Vorschläge umgesetzt, könnte der Neubau von Photovoltaik- und Windkraftanlagen an Land weitgehend zum Erliegen kommen. Ein Bereich ist besonders in den Fokus des Umweltministers gerückt: Der Eigenverbrauch. Dabei hat die Bundesregierung den Eigenverbrauch von Solarstrom in den letzten Jahren durch spezielle Eigenverbrauchstarife im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) selbst stark vorangetrieben. Mit der letzten EEG-Novelle wurde dann festgelegt, dass die Vergütung für neue Photovoltaikanlagen null beträgt, sobald die installierte Photovoltaikleistung in Deutschland 52 Gigawatt überschreitet. Dies könnte in zwei oder drei Jahren der Fall sein. Dann liegt die Photovoltaikvergütung unter der von Kernkraft- oder Braunkohlekraftwerken, die eigentlich im Zuge der Energiewende durch erneuerbare Energien ersetzt werden sollen. Als Begründung wurde seinerzeit angeführt, die Photovoltaik könne sich dann über die Kostenvorteile des Eigenverbrauchs sehr gut selbst tragen und brauche keine Förderung mehr. Genau dieses Geschäftsmodell ist jetzt aber unter Beschuss.

Seit neuestem kritisiert das Umweltministerium: "Der Eigenverbrauch nimmt zu, weil immer mehr Unternehmen und Private die Kostenvorteile, die damit verbunden sind, erkennen und nutzen. Deshalb liegen auch hier enorme Risiken, insbesondere für die Zukunft." und fordert "Die Eigenstromerzeugung bzw. der Eigenstromverbrauch wird ebenfalls mit einer Mindestumlage belastet, um eine weitere Entsolidarisierung bestimmter Stromverbraucher zu verhindern."

Für die 180-Grad-Wende des Umweltministeriums beim Eigenverbrauch gibt es eigentlich nur eine Erklärung. Durch den schnellen Ausbau der Photovoltaik geraten zunehmend die konventionellen Kraftwerke der großen Energieversorger in Bedrängnis. Die Solarenergie zerstört schlichtweg deren Geschäftsmodelle. Eine schon bald kommende Nullvergütung für neue Photovoltaikanlagen im EEG in Kombination mit einer Umlage auf den Eigenverbrauch soll nun offensichtlich Tabula rasa machen und die Solarenergiezubau in Deutschland weitgehend zum Erliegen bringen.

Die Argumentation von Herrn Altmaier ließe sich auf tausende andere Bereiche übertragen. Fahrradfahrer entsolidarisieren sich vom öffentlichen Nahverkehr, die eigene Zucht von Biotomaten auf dem Balkon verteuert womöglich die Tomaten im Laden nebenan und die Regentonne zur Gartenbewässerung erhöht die Wasserpreise. Soll es nun auch eine Fahrradsteuer, eine Regentonnengebühr und eine Balkontomatenabgabe geben?

Ein Hauptziel der Energiewende war doch ursprünglich, Kernkraftwerke und klimaschädliche Kohlekraftwerke durch erneuerbare Energien zu ersetzen. Da drängt sich unweigerlich die Frage auf, warum der Eigenverbrauch von Solarstrom bei privaten Haushalten mit einer Umlage belastet werden soll, der Eigenverbrauch von Kraftwerken der großen Energiekonzerne hingegen nicht. Deren fossile Kraftwerke und Kernkraftwerke verbrauchen nämlich einen nicht unerheblichen Teil des von ihnen erzeugten Stroms selbst und das ebenfalls ganz ohne EEG-Umlage. Der Eigenverbrauch bei diesen Kraftwerken liegt in der Größenordnung mehrerer Großstädte. Um in den Worten des Umweltministers zu reden: Die großen Energiekonzerne haben sich schon seit langem entsolidarisiert. Ruft man sich die Ziele der Energiewende in Erinnerung, wäre es doch nur konsequent und gerecht, wenn anstelle des Eigenverbrauchs von Solaranlagen der Eigenverbrauch von Kohle- und Kernkraftwerken künftig der Umlagepflicht unterliegt. Würde der gesamte Eigenverbrauch der Energieversorger mit der EEG-Umlage belastet, ließe sich die EEG-Umlage sofort um fast 1 Cent/kWh senken, Haushalte um bis zu 50 Euro pro Jahr entlasten und die Strompreisdiskussion erst einmal beenden. Momentan sind die Gewinne der Energiekonzerne groß genug, dass sie die dadurch für sie entstehenden Mehrkosten problemlos schultern könnten.

Da das Hauptziel der Vorschläge aus dem Umweltministerium aber inzwischen offensichtlich der Schutz der Großkonzerne vor regenerativen Energieanlagen und nicht die gerechte Verteilung der Kosten ist, wird die Eigenverbrauchsumlage für Energiekonzerne sicher nicht kommen. Ein Grund mehr für alle Bürgerinnen und Bürger eine gerechte Verteilung der Lasten der Energiewende und eine Beteiligung der Konzerne endlich einzufordern. Lieber Herr Altmaier: "Wir wollen eine Eigenverbrauchsumlage für Kern- und Kohlekraftwerke."

Volker Quaschning


Update vom 19.02.2013

Im ursprünglichen Vorschlag zur Strompreissicherung von Bundesumweltminister Altmaier vom 28.01.2013 sollte eine Umlage für den Eigenverbrauch vor allem für alle "neuen Tatbestände" erhoben werden. Nach der Abstimmung mit dem Wirtschaftsministerium vom 13.02.2013 soll die Umlage erst einmal nur Anlagen mit einer Leistung von mehr als 2 MW treffen. Kleinere Photovoltaikanlagen wären damit vorerst ausgenommen. Übergangslösungen für Altanlagen werden mit dem neuen Vorschlag nicht mehr gefordert. Auf Rückfrage durch die Photovoltaik-Redaktion beim BMU wurde bestätigt, dass nun auch konventionelle Kraftwerke betroffen wären. Bei der Höhe der im Vorschlag erwarteten Einnahmen kann die Umlage dort aber nur marginal ausfallen. Es kann nur spekuliert werden, was den plötzlichen Sinneswandel ausgelöst hat. Möglicherweise hatte man Sorge vor dem Zorn der Einfamilienhausbesitzer und möchte die Eigenverbrauchsumlage erst einmal generell im Gesetz verankern. Diese lässt sich dann bei Gefahr für die Energiekonzerne recht einfach auch auf Kleinanlagen ausweiten und für "neue Tatbestände" höher gewichten.

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