Sonne Wind & Wärme
Spanien bringt Erneuerbare in Fahrt

erschienen in Sonne Wind & Wärme 01/2003 S.26-29

Spanien ist einer der größten Wachstums­märkte für erneuer­bare Energien. Die boomende Wirtschaft stößt aber auch mehr Treibhausgase aus. Der Artikel beschreibt die jüngsten Entwicklungen im sonnigen Süden Europas im Hinblick auf das Kyoto-Protokoll und vergleicht sie mit der Lage in Deutschland.

Während sich in Deutschland der Primärenergieverbrauch seit 1990 auf relativ konstantem Niveau bewegt, ist er in Spanien bis zum Jahr 2001 um 31% angestiegen. Die Kohlendioxidemissionen legten in Spanien im gleichen Zeitraum sogar um mehr als 35% zu.Da Spanien im Jahr 1990 nur ein Viertel so viel Treibhausgase wie Deutschland emittierte und damit im Vergleich zu vielen Industrienationen niedrig liegt,gesteht das Kyoto-Protokoll dem Land auf der iberischen Halbinsel bis zum Jahr 2012 Emissionszunahmen von 15% zu.Dieser Zuwachs wurde aber bereits im Jahr 1996 überschritten. Die Mehremissionen können zwar von anderen EU-Staaten kompensiert werden, dennoch dürfte Spanien – sollte der Trend anhalten – bald von der EU die gelbe Karte gezeigt bekommen.
Rationellere Verwendung von Energie ist eine Option, die Spanien verfolgen muss.Während beispielsweise in Deutschland der Anteil der verkauften Kühlgeräte der Effizenzklassen A und B im Jahr 1998 bei 63,8% lag,entschieden sich in Spanien lediglich 22,7% der Käufer für sparsame Geräte.Doch neben der effizienteren Nutzung der Energie sind noch weitere Bausteine nötig,um die Klimaschutzziele zu erreichen.

Ehrgeizige Pläne

Die konservative Regierung in Spanien setzt dazu sehr stark auf regenerative Energien. Im »Plan de Fomento de las Energías Renovables en España« (Plan zur Förderung regenerativer Energien in Spanien) sind ehrgeizige Ziele für das Jahr 2010 formuliert. So möchte Spanien seinen Anteil regenerativer Energien von 6,3% am Primärenergieverbrauch im Jahr 1998 bis zum Jahr 2010 verdoppeln. Da der Primärenergieverbrauch weiter steigt, bedeutet dies sogar einen Zubau der »Erneuerbaren« um 130%.Den Löwenanteil soll dabei die Biomasse leisten, gefolgt von Wasserkraft und Windkraft (Abb.1). Bei regenerativen Anlagen zur Stromerzeugung soll die installierte Leistung im gleichen Zeitraum um 60% gesteigert werden, wobei die Windkraft den größten Teil zum Wachstum beiträgt (Abb. 2).


Primärenergieaufkommen regenerativer Energien in Spanien
Abb. 1: Bisheriges und geplantes Primärenergieaufkommen regenerativer Energien

Installation regenerativer Kraftwerke zur Stromerzeugung in Spanien
Abb. 2: Bisherige und geplante Installation regenerativer Kraftwerke zur Stromerzeugung

Um diese Ziele zu erreichen,hat Spanien mit dem Königlichen Erlass RD2818/1998 eine Einspeiseregelung ähnlich dem deutschen EEG verabschiedet. Im so genannten Régimen Especial werden für verschiedene Anlagen zur regenerativen Stromerzeugung erhöhte Vergütungen festgelegt, die die vermiedenen externen Kosten der konventionellen Kraftwerke kompensieren sollen.Vergütungen und Ausführungsbestimmungen orientieren sich an der Marktlage und wurden zuletzt im Erlass RD841/2002 geändert. Seitdem genießt auch Strom aus solarthermischen Kraftwerken eine erhöhte Einspeisevergütung. Dabei können die meisten Betreiber regenerativer Anlagen wählen zwischen einem Festpreis und einer so genannten Prima,einem Aufpreis auf die zu erzielenden Marktpreise (Tabelle 1). Die Marktpreise variieren stündlich und können über das Internet abgefragt werden [1]. Im Jahr 2001 lag der mittlere Marktpreis bei etwa 3,8 cent/kWh [2].
Diese Gesetzgebung hat zahlreiche Projekte zur Nutzung erneuerbarer Energien angestoßen und im Jahr 2001 Investitionen von immerhin 938 Mill. € ausgelöst.

Tabelle 1: Erhöhte Vergütungen für regenerative Elektrizitätserzeugung in Spanien im Jahr 2002
Erzeu­gungs­art Prima in cent/kWh[2] Fest­preis in cent/kWh[2]
Wasser­kraft bis 10 MW 3,0051 6,3827
Wasser­kraft 10 bis 50 MW 3,0051 kein Festpreis
Bio­masse primar 2,7887 6,1724
Bio­masse sekundär 2,5783 5,9100%
Wind­kraft 2,8969 6,2806
Photo­voltaik bis 5 kW 36,0607 39,6668
Photo­voltaik über 5 kW 18,0304 21,6364
Solar­thermi­sche Kraft­werke 12,0202 kein Festpreis


Windkraft im Aufwind

Mit 825 Mill.€ floss der Hauptteil der Investitionen für regenerative Anlagen im Jahr 2001 in den Windenergiebereich. Damit entstanden 1.393 Anlagen mit einer Gesamtleistung von 1.050 MW [3,4].Ende 2001 waren in ganz Spanien 3.244 MW installiert, wobei fast 30% allein auf die Provinz Galicien im äußersten Nordwesten entfielen. Da die meisten Provinzen den Ausbau der Windkraft in entsprechenden Windentwicklungsplänen geregelt haben, ist es oftmals vorteilhaft, spanische Partner oder Hersteller im Projekt zu haben,um den Zuschlag zu bekommen. Damit erklärt sich auch, dass die spanischen Firmen Gamesa,Made und Ecotecnia über 76% des spanischen Windmarkts kontrollieren. Gamesa setzte im Jahr 2001 insgesamt 239 MW in Spanien ab und der deutsche Marktführer Enercon 5 MW [4].

Windpark in Andalusien
Windpark in Andalusien. In der Windkraftnutzung ist Spanien weltweit auf Platz 3 aufgestiegen.

Biomasse wächst langsam

Oliven,Wein und Tomaten sind spanische Produkte, die man auch in Deutschland liebt.Bei der landwirtschaftliche Produktion fallen aber auch enorme Mengen an Bio-Reststoffen an, die genutzt werden können. Die Erschließung der Potenziale erfolgt jedoch nur in kleinen Schritten.Bis zum Jahr 2010 sollen Biomassekraftwerke die Jahresleistung von 2001 (164,3 MW) verzehnfachen. Der Neubau von drei Anlagen mit einer Gesamtleistung von 16,6 MW und einem Wert von 7,4 Mill.€ im selben Jahr lässt dies aber nicht erwarten. Die schon sehr umfangreiche thermische Nutzung von Biomasse soll bis zum Jahr 2010 um gut 30% erweitert werden.Bislang beträgt hier die Steigerung deutlich weniger als 1% pro Jahr. Auch bei der Produktion von Biobrennstoffen wie Biodiesel oder Bioethanol ist das Ziel mit gut 500.000 t sehr ehrgeizig. Es bleibt abzuwarten, ob die Entwicklung im Biomassesektor den Erwartungen entsprechen wird.

Biomassekraftwerk in Andalusien
Biomasse-Kraftwerk zur Nutzung der Reststoffe aus der Olivenölherstellung. Die Biomasse-Kraftwerksleistung soll in den kommenden Jahren stark ausgebaut werden.
Foto: Steffen Ulmer/Markus Maier

Wasser weitgehend ausgebaut

Die Potenziale der Wasserkraftnutzung sind in Spanien bereits gut erschlossen.Schon unter dem Diktator Franco wurden zahlreiche Staudämme errichtet. Für Großanlagen gibt es wie in Deutschland nur noch geringe Neubaumöglichkeiten.Bei Kleinanlagen mit Leistungen von weniger als 10 MW soll der Zubau bis zum Jahr 2010 immerhin noch gut 600 MW betragen.Im Jahr 2001 gingen eine Großanlage mit 20 MW,zwölf mittelgroße Anlagen (zwischen 1 und 10 MW) mit insgesamt 25 MW und 17 kleine Anlagen (kleiner 1 MW) mit insgesamt 5,7 MW Leistung ans Netz. Die Großanlage hatte spezifische Kosten von 440 €/kW,die Anlagen kleiner 1 MW gut das Vierfache.Damit liegen die Kosten eine ganze Größenordnung unter denen in Deutschland (5.000 bis 12.500 €/kW).Aufgrund unterschiedlicher Niederschlagshäufigkeiten einzelner Jahre schwankt jedoch die Erzeugung aus Wasserkraft von Jahr zu Jahr erheblich (Abb.3,Tab.2).

Regenerative Stromerzeugung der letzten Jahre in Spanien
Abb. 3: Regenerative Stromerzeugung der letzten Jahre
Tabelle 2: Regenerative Stromerzeugung der letzten Jahre und Planziele für das Jahr 2010
Erzeu­gungs­art Erzeu­gung in GWh
  1990 1998 1999 2000 2001 2010 (Plan)
Wasser­kraft über 10 MW 23.481,4 32.079,7 23.442,7 27.371,4 39.014,0 31.128,8
Wasser­kraft bis 10 MW 2.139,5 5.615,3 4.557,3 4.435,6 4.825,0 6.912,1
Wind­kraft 13,2 1.438,3 2.617,9 4.848,3 7.240,3 21.237,8
Biomasse 615,9 966,5 1.008,4 1.068,4 1.216,3 14.495,1
Photo­voltaik 5,7 15,7 16,9 21,8 28,1 217,8
Solar­thermie 0 0 0 0 0 458,9


Entwicklungsland in der Solarenergienutzung

Im sonnenverwöhnten Südspanien ist die jährliche solare Einstrahlung etwa doppelt so groß wie in Deutschland. Damit halbieren sich im Süden auch die Strom- und Wärmegestehungskosten.Da einige Regionen frostsicher sind,können thermische Anlagen dort als preiswerte Einkreissysteme ausgeführt werden,was die Kosten noch weiter reduziert.Dennoch ist Spanien in puncto Solarenergienutzung im Vergleich zu Deutschland ein Entwicklungsland.
Im Jahr 2001 wurden für 32,5 Mill.€ insgesamt 2.259 Photovoltaikanlagen mit einer Gesamtleistung von 3,54 MWp errichtet.Vor allem bürokratische Hindernisse bremsen eine schnellere Entwicklung. Immerhin ging im Jahr 2001 Spaniens bislang größte PV-Anlage mit 1,2 MWp in der Nähe von Pamplona ans Netz [5].
Im Jahr 2001 betrug in Spanien die gesamte installierte Kollektorfläche lediglich 455.000 m2. Der Zubau lag bei 51.357 m2 mit einer Investitionssumme von 24,8 Mill. €, während in Deutschland im gleichen Jahr 900.000 m2 neu errichtet wurden.Immerhin liegen in Spanien die Steigerungsraten im hohen zweistelligen Bereich.Eine geplante Gesamtinstallationsfläche von 4,8 Mill.m2 für das Jahr 2010 erscheint dennoch ein wenig zu optimistisch.

Solarkollektor - Schwerkraftsystem
Solarthermische Anlagen (hier ein aufgeschnittenes Modell) werden im Süden meist als Schwerkraftsysteme ausgeführt.

Seit August 2002 existiert eine erhöhte Vergütung für solarthermische Kraftwerke [6]. Aufgrund der langen Planungs- und Bauzeiten wird es dennoch ein wenig dauern, bis die ersten Anlagen ans Netz gehen können. Da die erhöhte Vergütung für die meisten solarthermischen Kraftwerksprojekte zu niedrig ist, wird derzeit eine Ausweitung der Regelung auch auf solare Hybridkraftwerke diskutiert.Damit ließe sich der geplante Neubau von 200 MW bis zum Jahr 2010 durchaus erreichen.

Fazit

Spanien hat sich ehrgeizige Ziele für den Ausbau erneuerbarer Energien gesetzt. Das Erreichen dieser Ziele ist allerdings auch dringend notwendig,wenn Spanien auch nur annähernd die Reduktionsverpflichtungen des Kyoto-Protokolls für Treibhausgase erfüllen will.Der Windkraftmarkt hat sich in den vergangenen Jahren gut entwickelt. Hier können die Ziele sogar übertroffen werden.Anders sieht es bei der Biomasse- und der Solarenergienutzung aus. Hier muss das Land noch zwei Gänge zulegen.Dies lässt aber auch erwarten,dass Spanien in den nächstenJahren einer der größten Wachstumsmärkte Europas bleiben wird,wenn auch – wie bei der Solarenergie – von einem niedrigen Niveau ausgehend.

Volker Quaschning

[1] Den Markt für die spanische Stromproduktion organisiert und reguliert die Operadora del Mercado Español de Electricidad (OMEL), 28109 La Moraleja (Madrid), Spanien, www.omel.es
[2] 1 cent = 0,01 €
[3] SW&W 6/2002, S. 102
[4] SW&W 12/2002, S. 55
[5] Betreiber der PV-Anlage ist die EHN-Gruppe, 31002 Pamplona, Spanien, www.ehn.es
[6] SW&W 11/2002, S. 54
Zahlengrundlage (außer [3, 4, 6]): Instituto para la Diversificación y Ahorro de la Energía (IDAE) (Institut zur Verbreitung erneuerbarer Energien und Energieeinsparungen), Boletín IDAE: Eficiencia Energética y Energías Renovables (No. 4), 2002, www.idae.es

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