Während sich in Deutschland der Primärenergieverbrauch seit 1990 auf relativ
konstantem Niveau bewegt, ist er in Spanien bis zum Jahr 2001 um 31% angestiegen.
Die Kohlendioxidemissionen legten in Spanien im gleichen Zeitraum sogar um mehr als
35% zu.Da Spanien im Jahr 1990 nur ein Viertel so viel Treibhausgase wie Deutschland emittierte und
damit im Vergleich zu vielen Industrienationen niedrig liegt,gesteht das Kyoto-Protokoll dem Land
auf der iberischen Halbinsel bis zum Jahr 2012 Emissionszunahmen von 15% zu.Dieser Zuwachs wurde
aber bereits im Jahr 1996 überschritten. Die Mehremissionen können zwar von anderen EU-Staaten
kompensiert werden, dennoch dürfte Spanien – sollte der Trend anhalten – bald von der EU die gelbe
Karte gezeigt bekommen.
Rationellere Verwendung von Energie ist eine Option,
die Spanien verfolgen muss.Während beispielsweise in Deutschland der Anteil der verkauften Kühlgeräte
der Effizenzklassen A und B im Jahr 1998 bei 63,8% lag,entschieden sich in Spanien lediglich 22,7%
der Käufer für sparsame Geräte.Doch neben der effizienteren Nutzung der Energie sind noch weitere
Bausteine nötig,um die Klimaschutzziele zu erreichen.
Die konservative Regierung in Spanien setzt dazu sehr stark auf regenerative Energien. Im »Plan de
Fomento de las Energías Renovables en España« (Plan zur Förderung regenerativer Energien in Spanien)
sind ehrgeizige Ziele für das Jahr 2010 formuliert. So möchte Spanien seinen Anteil regenerativer
Energien von 6,3% am Primärenergieverbrauch im Jahr 1998 bis zum Jahr 2010 verdoppeln. Da der
Primärenergieverbrauch weiter steigt, bedeutet dies sogar einen Zubau der »Erneuerbaren« um
130%.Den Löwenanteil soll dabei die Biomasse leisten, gefolgt von Wasserkraft und Windkraft (Abb.1).
Bei regenerativen Anlagen zur Stromerzeugung soll die installierte Leistung im gleichen Zeitraum um
60% gesteigert werden, wobei die Windkraft den größten Teil zum Wachstum beiträgt (Abb. 2).
Um diese Ziele zu erreichen,hat Spanien mit dem Königlichen Erlass RD2818/1998 eine Einspeiseregelung
ähnlich dem deutschen EEG verabschiedet. Im so genannten Régimen Especial werden für verschiedene
Anlagen zur regenerativen Stromerzeugung erhöhte Vergütungen festgelegt, die die vermiedenen
externen Kosten der konventionellen Kraftwerke kompensieren sollen.Vergütungen und
Ausführungsbestimmungen orientieren sich an der Marktlage und wurden zuletzt im Erlass RD841/2002
geändert. Seitdem genießt auch Strom aus solarthermischen Kraftwerken eine erhöhte Einspeisevergütung.
Dabei können die meisten Betreiber regenerativer Anlagen wählen zwischen einem Festpreis
und einer so genannten Prima,einem Aufpreis auf die zu erzielenden Marktpreise (Tabelle 1). Die
Marktpreise variieren stündlich und können über das Internet abgefragt werden [1]. Im Jahr 2001 lag
der mittlere Marktpreis bei etwa 3,8 cent/kWh [2].
Diese Gesetzgebung hat zahlreiche Projekte zur Nutzung erneuerbarer Energien angestoßen und im
Jahr 2001 Investitionen von immerhin 938 Mill. € ausgelöst.
Erzeugungsart | Prima in cent/kWh[2] | Festpreis in cent/kWh[2] |
Wasserkraft bis 10 MW | 3,0051 | 6,3827 |
Wasserkraft 10 bis 50 MW | 3,0051 | kein Festpreis |
Biomasse primar | 2,7887 | 6,1724 |
Biomasse sekundär | 2,5783 | 5,9100% |
Windkraft | 2,8969 | 6,2806 |
Photovoltaik bis 5 kW | 36,0607 | 39,6668 |
Photovoltaik über 5 kW | 18,0304 | 21,6364 |
Solarthermische Kraftwerke | 12,0202 | kein Festpreis |
Mit 825 Mill.€ floss der Hauptteil der Investitionen für regenerative Anlagen im Jahr 2001 in den Windenergiebereich. Damit entstanden 1.393 Anlagen mit einer Gesamtleistung von 1.050 MW [3,4].Ende 2001 waren in ganz Spanien 3.244 MW installiert, wobei fast 30% allein auf die Provinz Galicien im äußersten Nordwesten entfielen. Da die meisten Provinzen den Ausbau der Windkraft in entsprechenden Windentwicklungsplänen geregelt haben, ist es oftmals vorteilhaft, spanische Partner oder Hersteller im Projekt zu haben,um den Zuschlag zu bekommen. Damit erklärt sich auch, dass die spanischen Firmen Gamesa,Made und Ecotecnia über 76% des spanischen Windmarkts kontrollieren. Gamesa setzte im Jahr 2001 insgesamt 239 MW in Spanien ab und der deutsche Marktführer Enercon 5 MW [4].
Oliven,Wein und Tomaten sind spanische Produkte, die man auch in Deutschland liebt.Bei der landwirtschaftliche Produktion fallen aber auch enorme Mengen an Bio-Reststoffen an, die genutzt werden können. Die Erschließung der Potenziale erfolgt jedoch nur in kleinen Schritten.Bis zum Jahr 2010 sollen Biomassekraftwerke die Jahresleistung von 2001 (164,3 MW) verzehnfachen. Der Neubau von drei Anlagen mit einer Gesamtleistung von 16,6 MW und einem Wert von 7,4 Mill.€ im selben Jahr lässt dies aber nicht erwarten. Die schon sehr umfangreiche thermische Nutzung von Biomasse soll bis zum Jahr 2010 um gut 30% erweitert werden.Bislang beträgt hier die Steigerung deutlich weniger als 1% pro Jahr. Auch bei der Produktion von Biobrennstoffen wie Biodiesel oder Bioethanol ist das Ziel mit gut 500.000 t sehr ehrgeizig. Es bleibt abzuwarten, ob die Entwicklung im Biomassesektor den Erwartungen entsprechen wird.
Die Potenziale der Wasserkraftnutzung sind in Spanien bereits gut erschlossen.Schon unter dem Diktator Franco wurden zahlreiche Staudämme errichtet. Für Großanlagen gibt es wie in Deutschland nur noch geringe Neubaumöglichkeiten.Bei Kleinanlagen mit Leistungen von weniger als 10 MW soll der Zubau bis zum Jahr 2010 immerhin noch gut 600 MW betragen.Im Jahr 2001 gingen eine Großanlage mit 20 MW,zwölf mittelgroße Anlagen (zwischen 1 und 10 MW) mit insgesamt 25 MW und 17 kleine Anlagen (kleiner 1 MW) mit insgesamt 5,7 MW Leistung ans Netz. Die Großanlage hatte spezifische Kosten von 440 €/kW,die Anlagen kleiner 1 MW gut das Vierfache.Damit liegen die Kosten eine ganze Größenordnung unter denen in Deutschland (5.000 bis 12.500 €/kW).Aufgrund unterschiedlicher Niederschlagshäufigkeiten einzelner Jahre schwankt jedoch die Erzeugung aus Wasserkraft von Jahr zu Jahr erheblich (Abb.3,Tab.2).
Erzeugungsart | Erzeugung in GWh | |||||
1990 | 1998 | 1999 | 2000 | 2001 | 2010 (Plan) | |
Wasserkraft über 10 MW | 23.481,4 | 32.079,7 | 23.442,7 | 27.371,4 | 39.014,0 | 31.128,8 |
Wasserkraft bis 10 MW | 2.139,5 | 5.615,3 | 4.557,3 | 4.435,6 | 4.825,0 | 6.912,1 |
Windkraft | 13,2 | 1.438,3 | 2.617,9 | 4.848,3 | 7.240,3 | 21.237,8 |
Biomasse | 615,9 | 966,5 | 1.008,4 | 1.068,4 | 1.216,3 | 14.495,1 |
Photovoltaik | 5,7 | 15,7 | 16,9 | 21,8 | 28,1 | 217,8 |
Solarthermie | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 458,9 |
Im sonnenverwöhnten Südspanien ist die jährliche solare Einstrahlung etwa doppelt so groß wie in
Deutschland. Damit halbieren sich im Süden auch die Strom- und Wärmegestehungskosten.Da einige
Regionen frostsicher sind,können thermische Anlagen dort als preiswerte Einkreissysteme ausgeführt
werden,was die Kosten noch weiter reduziert.Dennoch ist Spanien in puncto Solarenergienutzung im
Vergleich zu Deutschland ein Entwicklungsland.
Im Jahr 2001 wurden für 32,5 Mill.€ insgesamt 2.259 Photovoltaikanlagen mit einer Gesamtleistung
von 3,54 MWp errichtet.Vor allem bürokratische Hindernisse bremsen eine schnellere Entwicklung.
Immerhin ging im Jahr 2001 Spaniens bislang größte PV-Anlage mit 1,2 MWp in der Nähe von Pamplona
ans Netz [5].
Im Jahr 2001 betrug in Spanien die gesamte installierte Kollektorfläche lediglich 455.000 m2. Der
Zubau lag bei 51.357 m2 mit einer Investitionssumme von 24,8 Mill. €, während in Deutschland im
gleichen Jahr 900.000 m2 neu errichtet wurden.Immerhin liegen in Spanien die Steigerungsraten im
hohen zweistelligen Bereich.Eine geplante Gesamtinstallationsfläche von 4,8 Mill.m2 für das Jahr 2010
erscheint dennoch ein wenig zu optimistisch.
Seit August 2002 existiert eine erhöhte Vergütung für solarthermische Kraftwerke [6]. Aufgrund der langen Planungs- und Bauzeiten wird es dennoch ein wenig dauern, bis die ersten Anlagen ans Netz gehen können. Da die erhöhte Vergütung für die meisten solarthermischen Kraftwerksprojekte zu niedrig ist, wird derzeit eine Ausweitung der Regelung auch auf solare Hybridkraftwerke diskutiert.Damit ließe sich der geplante Neubau von 200 MW bis zum Jahr 2010 durchaus erreichen.
Spanien hat sich ehrgeizige Ziele für den Ausbau erneuerbarer Energien gesetzt. Das Erreichen dieser
Ziele ist allerdings auch dringend notwendig,wenn Spanien auch nur annähernd die Reduktionsverpflichtungen
des Kyoto-Protokolls für Treibhausgase erfüllen will.Der Windkraftmarkt hat sich in den
vergangenen Jahren gut entwickelt. Hier können die Ziele sogar übertroffen werden.Anders sieht es
bei der Biomasse- und der Solarenergienutzung aus. Hier muss das Land noch zwei Gänge zulegen.Dies
lässt aber auch erwarten,dass Spanien in den nächstenJahren einer der größten Wachstumsmärkte Europas
bleiben wird,wenn auch – wie bei der Solarenergie – von einem niedrigen Niveau ausgehend.
Eine Vielzahl an Artikeln behandelt aktuelle Themen der Energiepolitik, des Klimaschutzes und des Einsatzes erneuerbarer Energien.
In verschiedenen Print-, Radio- und TV-Interviews nimmt Volker Quaschning Stellung zu aktuellen Fragen über die Energiewende und eine klimaverträgliche Energieversorgung.
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Das Wachstum erneuerbarer Energien steigt kontinuierlich. 2023 haben erneuerbare Energien bereits einen Anteil an der weltweiten Kraftwerksleistung von 45 Prozent erreicht. Kernkraftwerke liegen dagegen nur noch bei 4 Prozent. Für wirksamen Klimaschutz muss der Ausbau erneuerbarer Energien aber noch weiter gesteigert werden.
Die Kohlendioxidemissionen in Deutschland sind im Jahr 2023 gesunken: Gutes Wetter und schlechte Konjunktur sind die Treiber. Doch schon für 2024 wird von einem erneuten Anstieg der Treibhausgas-Emissionen ausgegangen. Das Einhalten der deutschen Klimaschutzziele für die Jahre 2030 und 2045 ist derzeit unrealistisch.