Zeitschrift Joule
Luxus­ge­schenke für Elek­tro­panzer statt Inno­vationen und Klima­schutz

erschienen in der Zeitschrift joule 2/2016, S.29.

Eine Millionen Elektro­autos sollen nach den Ver­spre­chungen der Bundes­re­gierung bis 2020 auf deut­schen Straßen rollen. Das ist auch dringend nötig. Wollen wir die globale Erwärmung gemäß den Pariser Klima­beschlüssen auf 1,5 °C begrenzen, muss unsere Energie­versorgung bereits in 30 Jahren ganz ohne fossile Energien funktionieren. Das bedeutet das Ende der Produktion von Benzin- und Diesel­autos in spätestens 20 Jahren. Die Realität sieht allerdings ganz anders aus. 2015 wurden in Deutschland gerade einmal 12 363 Elektroautos zugelassen.

Um das zu ändern, will die Bundes­regierung nun richtig Geld in die Hand nehmen. Mit 5000 € soll der Kauf eines E-Fahrzeugs subventioniert werden. Auch die Opposition ist dafür grund­sätzlich offen. Die Prämie sollen auch Hybrid­fahrzeuge erhalten. In den Genuss käme dann beispiels­weise auch der Porsche Panamera. Mit 416 PS bringt das Auto mehr Leistung auf die Straße als der Sherman-Panzer im Zweiten Weltkrieg. Dafür kann der mehr als 10 0000 € teure Porsche die ersten 36 Kilometer elektrisch zurücklegen. Auf einer Fahrt von Berlin nach München reicht das gerade bis zur Stadtgrenze. Danach verheizt der 2-Tonnen-Koloss bei flotter Fahrt mehr Sprit als zwei oder drei nicht subven­tion­ierte Benzin-Kleinwagen. Von Alternativen wie der Bahn brauchen wir hier erst gar nicht zu reden. Mit Klimaschutz hat das Ganze überhaupt nichts zu tun.

Dabei gibt es gute Gründe, bei der deutschen Elektro­mobilität endlich richtig Gas zu geben. Die export­abhängigen deutschen Automobil­konzerne drohen den Anschluss an Trendsetter wie Tesla zu ver­lieren. Die Produktion der benötigten Batterien findet bereits heute nahezu ausschließlich in Asien und den USA statt. Mit dem Batteriezukauf verlieren die deutschen Hersteller aber auch einen größeren Teil der Wertschöpfung und wartungsarme E-Fahrzeuge zerstören auch noch das lukrative Werkstatt­geschäft. Das erklärt deren halbherziges Bekenntnis zur Elektromobilität.

Eine Verschärfung der CO2-Grenzwerte, Klimaschutz­abgaben basierend auf realitätsnahen Fahrzyklen und ein Fahrverbot von Verbrennungs­motoren in abgasgeplagten Innenstädten könnten die Hersteller zwingen, ihre Modellpolitik ganz ohne staatliche Steuer­milliarden radikal zu ändern. Anstatt sinnlose Luxusgeschenke zu verteilen, sollte die Regierung lieber eine engmaschige und flächendeckende Lade­infrastruktur finanzieren, die nur mit erneuerbaren Energien versorgt wird. Damit ließe sich wirklich eine Innovations­lawine im Autoland Deutschland lostreten und nebenbei auch noch das Klima retten. Doch dafür bräuchten wir mutige und weitsichtige Politiker.

Volker Quaschning

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