Das im Jahr 1988 von der Uno eingesetzte Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) hat
in mehreren Szenarien die möglichen Auswirkungen unterschiedlich hoher
Treibhausgasemissionen auf das Klima bis zum Jahr 2100 untersucht (Tabelle 1)
[1 bis 4]. Bild 1 zeigt darüber hinaus die Entwicklung der energiebedingten
CO2-Emissionen und der CO2-Konzentration in der Atmosphäre seit Beginn
der Industrialisierung.
1860 | 1990 | 2000 | 2050 | 2100 | |
Weltbevölkerung in Mrd. | 5,3 | 6,1 | 8,4 bis 11,3 | 7,0 bis 15,1 | |
CO2-Konzentration in ppm | 280 | 354 | 367 | 445 bis 640 | 540 bis 970 |
CO2-Emissionen 1) in Gt C/a | 0,1 | 6,0 | 6,5 | 8,5 bis 26,8 | 3,3 bis 36,8 |
Primärenergiebedarf in EJ | 351 | 419 | 642 bis 1 601 | 514 bis 2 737 | |
Globale Temperaturänderung in °C | -0,6 | 0 | 0,2 | 0,8 bis 2,6 | 1,4 bis 5,8 |
Anstieg der Meeresspiegel in cm | -20 | 0 | 2 | 5 bis 32 | 9 bis 88 |
In den 1990er Jahren ist der weltweite Primärenergiebedarf im Mittel um 1,5 %
pro Jahr gestiegen. Durch die verstärkte Nutzung CO2-armer fossiler Brennstoffe
wie Erdgas fiel der Anstieg der energiebedingten CO2-Emissionen mit 0,7 % pro
Jahr jedoch geringer aus. Die Zunahme der CO2-Konzentration der Atmosphäre
betrug 4 %, der globale Temperaturanstieg 0,2 °C und der Meeresspiegelanstieg
20 mm pro Dekade. Die CO2-Konzentration in der Atmosphäre ist um mehr als 30 % höher als zu Beginn
der Industrialisierung und damit größer als je zuvor in den vergangenen 420 000 Jahren [1].
Da eine enge, zwar noch nicht endgültig bewiesene Korrelation zwischen der
Zunahme von Treibhausgasemissionen und der Erderwärmung sowie dem Meeresspiegelanstieg
zu beobachten ist, wurden von wissenschaftlicher und politischer Seite Klimaschutzziele definiert.
Bereits zu Beginn der 1990er Jahre sahen die Empfehlungen Reduktionen der weltweiten CO2-Emissionen um
70 % bis zum Jahr 2100 vor, mit stärkeren Reduktionen in den Industrieländern von
25 % bis zum Jahr 2005 gegenüber 1990, 40 bis 50 % bis zum Jahr 2020, 80 % bis
zum Jahr 2050 und 90 % bis zum Jahr 2100 [5]. Dabei wird vorausgesetzt, dass
die CO2-Emissionen derzeit fast 60 % der vom Menschen verursachten Klimafolgen
verursachen. Für den Rest sind andere Gase wie Methan, Lachgas oder
FCKW verantwortlich. Rund 90 % der CO2-Emissionen stammen aus der Verbrennung
fossiler Brennstoffe. Demnach ist die Energiewirtschaft für mehr als die
Hälfte der vom Menschen freigesetzten Treibhausgase verantwortlich. In Industrieländern
ist dieser Anteil noch höher. In Deutschland liegt der Anteil deutlich
oberhalb von 80 %. Andere Verursacher sind die Industrie und Landwirtschaft
sowie Brandrodung.
Unter der Voraussetzung, dass die Treibhausgas-Emissionen für die beobachteten
Klimaveränderungen verantwortlich sind, kommt der Reduktion der CO2-Emissionen aus der Verbrennung
fossiler Brennstoffe somit eine Schlüsselrolle zu.
Auf dem ersten Welt-Klimagipfel in Rio de Janeiro im Jahr 1990 wurde die
Klimarahmenkonvention verabschiedet [6]. Diese formuliert das Ziel, die Treibhausgaskonzentration
in der Atmosphäre auf einem Niveau so zu stabilisieren, das eine gefährdende anthropogene Störung
des Klimasystems verhindert. Die entwickelten Industriestaaten und Schwellenländer, so genannte Annex-
I-Staaten, haben hierbei eine besondere Verantwortung zu übernehmen. Das Kyoto-Protokoll von 1997 legt
für diese Staaten Reduktionsziele für die sechs klimarelevanten Treibhausgase CO2, CH4, N2O, HFCs, PFCs
und SF6 für den Zeitraum 2008 bis 2012 gegenüber dem Referenzjahr 1990 fest [7]. Es wurde inzwischen
von den meisten Staaten unterzeichnet. Die USA unter der Regierung von George W. Bush haben jedoch
bereits vorzeitig erklärt, das Protokoll nicht zu ratifizieren.
Tabelle 2 und Bild 2 zeigen die Entwicklung von 1990 bis zum Jahr 2000 [8]. Große Unterschiede gibt
es vor allem zwischen den westlichen Ländern und den ehemaligen Ostblockstaaten, die aufgrund
der wirtschaftlichen Umbrüche durchweg Reduktionen des CO2-Ausstoßes von mehr als 50 % vorweisen
können [9]. Von den westlichen Industrieländern zeichnen sich Spanien, Portugal, Irland und Griechenland
ausgehend von einem niedrigen Entwicklungsniveau sehr hohe Steigerungsraten des CO2-Ausstoßes
aus. Dies wird ihnen – allerdings in geringerem Umfang – auch im Kyoto-Protokoll
zugestanden. Diese Zuwächse müssen von den anderen EU-Staaten kompensiert werden. Von diesen haben
Luxemburg, Deutschland und Großbritannien bisher große Erfolge erzielt.
Vertragsparteien | Verpflichtungen gemäß Kyoto-Protokoll in % | Treibhausgas-Emissionen 1) in Mt | Veränderung von 1990 bis 2000 in % | |
1990 | 2000 | |||
Europäische Union | -8 | 4 216 | 4 072 | -3,4 |
Liechtenstein, Monaco, Schweiz | -8 | 54 | 53 | -0,8 |
Bulgarien, Estland, Lettland, Littauen, Rumänien, Slowakei, Slowenien, Tschechien | -8 | 832 | 511 | -38,6 |
USA | -7 | 6 131 | 7 001 | +14,2 |
Japan | -6 | 1 247 | 1 358 | +8,9 |
Kanada | -6 | 607 | 726 | +19,6 |
Polen, Ungarn | -6 | 666 | 471 | -29,4 |
Kroatien | -5 | k.A. | k.A. | k.A. |
Neuseeland | ±0 | 73 | 77 | +5,2 |
Russland | ±0 | 3 040 | 1 965 | -35,0 |
Ukraine | ±0 | 919 | 455 | -51,0 |
Norwegen | +1 | 52 | 55 | +6,3 |
Australien | +8 | 425 | 502 | +18,2 |
Island | +10 | 3 | 3 | +6,9 |
Summe | -5,2 | 18 265 | 17 250 | -5,6 |
Ein Großteil der CO2-Emissionsreduktionen in Deutschland ist auf die Wiedervereinigung
und die industriellen Umbrüche in der ehemaligen DDR zurückzuführen. In der gesamtdeutschen
Bilanz sank hierdurch der Primärenergiebedarf. Vor allem der Bedarf an Braunkohle und Steinkohle
ging zu Lasten von Naturgas und Erdöl zurück. Damit sanken die Kohlendioxidemissionen
um etwa 15 %, zum Großteil zu Beginn der 1990er Jahre [10]. Deshalb kann Deutschland nur bedingt
als klimapolitisches Vorbild gelten, denn selbst die umweltpolitisch gescholtenen USA hätten
bei einer gemeinsamen Klimabilanz mit Russland einen Emissionsrückgang um nahezu 2 % aufzuweisen.
Neben den CO2-Emissionen konnten in Deutschland die CH4-Emissionen von 1990 bis
2000 um rund 2,4 Mill. t (–45 %) gemindert werden. Zu dieser Reduktion haben die rückläufige
Kohleförderung, die Verringerung der Tierbestände sowie verstärktes
Recycling maßgeblich beigetragen. Darüber hinaus wirkte sich die Sanierung
der Gasverteilungsnetze und die Brennstoffumstellung bei kleineren
Feuerungsanlagen auf flüssige und gasförmige Brennstoffe emissionsmindernd
aus [11]. Damit haben Veränderungen in der Energiewirtschaft auch zu rückläufigen
Methanemissionen und der positiven Emissionsbilanz beigetragen.
Anders als Deutschland brachte Großbritannien trotz einer Steigerung seines
Primärenergieverbrauches um 10 % seine vergleichsweise hervorragende Emissionsbilanz
ohne Wiedervereinigungsgewinne zustande [12]. Ursache dafür waren vor allem die Umorientierung bei
der Wahl der fossilen Energieträger und der Rückgang der Methanemissionen. Während in Großbritannien im
Jahr 1990 Kohle noch 31,3 % des Primärenergiebedarfes deckte, sank dieser Anteil
bis zum Jahr 2000 auf 16,3 %. Im gleichen Zeitraum stieg der Erdgasanteil von 24 auf 40,9 %. Da sich
dieser Trend nur noch bedingt fortsetzen lässt, dürfte sich der starke Emissionsrückgang
Großbritanniens in den nächsten Jahren nicht mehr fortsetzen. Weitere Emissionsreduktionen
lassen sich nur noch durch einen Rückgang des Primärenergieverbrauches oder den vermehrten
Einsatz kohlendioxidfreier Energieträger erreichen.
Die weltweiten Reduktionspotenziale eines rationelleren Energieeinsatzes sind beachtlich.
Tabelle 3 verdeutlicht Ergebnisse des IPCC, wonach in den Sektoren Industrie, Gebäude und Transport
bis zum Jahr 2020 Einsparungen von weit mehr als 50 % zu erzielen sind [3].
Bei einem Großteil der Einsparpotenziale im Gebäudesektor und bei einem Viertel
im Industriesektor wären die Einsparungen auch betriebswirtschaftlich rentabel.
Emissionen 1990 in GtC 1) | Veränderung von 1990 bis 1995 in % | Reduktionspotenzial bis 2010 in GtC | Reduktionspotenzial bis 2020 in GtC | |
Gebäude | 1,65 | +1,0 | 0,7 bis 0,8 | 1,0 bis 1,1 |
Transport | 1,08 | +2,4 | 0,1 bis 0,3 | 0,3 bis 0,7 |
Industrie | 2,30 | +0,4 | 0,5 bis 0,7 | 1,3 bis 1,5 |
Zur Nutzung dieser Einsparpotenziale müssen geeignete Konzepte gefunden
und Standards fortschrittlicher Staaten auf andere Länder übertragen werden.
Als Maßstab eignet sich beispielsweise das Verhältnis von CO2-Emissionen und
Bruttosozialprodukt. So werden etwa in Deutschland 0,31 kg CO2 pro US-$, in
den USA 0,63 kg CO2/US-$ und in China 2,88 kg CO2/US-$ emittiert, wohingegen
Island nur 0,25 kg CO2, Norwegen 0,2 kg CO2 und die Schweiz nur 0,12 kg CO2 pro
US-$ Bruttosozialprodukt freisetzen [13].
Ursachen für diese Unterschiede sind neben einer rationelleren Verwendung
von Energie auch der unterschiedlich hohe Einsatz regenerativer Energien, die
beispielsweise in Island und Norwegen fast vollständig den Elektrizitätsbedarf
decken. Bei langfristig steigenden Energiepreisen hat eine geringere Energieintensität
deutliche volkswirtschaftliche Vorteile. Darum werden sich Staaten wie die USA nur mittelfristig
gegen Klimaschutzvereinbarungen sperren können, da ihnen sonst auch wirtschaftliche
Nachteile drohen.
Die Tatsache, dass Emissionseinsparungen wegen sehr hoher Energieintensitäten
einiger Länder kostengünstig zu erreichen sind, findet in den flexiblen
Mechanismen des Kyoto-Protokolls Berücksichtigung. Diese ermöglichen, dass
Staaten Emissionsreduktionen in anderen Ländern angerecht werden können,
wenn sie hieran zum Beispiel finanziell mitgewirkt haben. Durch den Handel
mit Emissionszertifikaten dürften vor allem die heutigen Vorreiterstaaten profitieren,
die über eine Energiewirtschaft mit einer hohen Energieeffizienz verfügen.
Dabei sollte jedoch berücksichtigt werden, dass selbst beim Erreichen der
Kyoto-Ziele die weltweiten Emissionen aufgrund der starken Zuwächse in den
Entwicklungsländern ansteigen werden. Sollten sich die Szenarien der Klimaforscher
bewahrheiten, wird deshalb der Druck zu weiteren Einsparungen aufgrund
von Umweltfolgen in den nächsten Jahrzehnten deutlich zunehmen.
Dies könnte sich für Länder mit effizienter Energienutzung und einem Vorsprung
bei der Nutzung regenerativer Energien dann sehr positiv auswirken.
In den Industrie- und Schwellenländern verursacht die Energiewirtschaft
den größten Teil der Treibhausgasemissionen. Die von den Annex-I-Staaten
bisher erzielten Emissionsreduktionen wurden überwiegend durch die Energiewirtschaft
erbracht. In der Summe haben diese Staaten die im Kyoto-Protokoll
bis zum Jahr 2012 vereinbaren Emissionsminderungen bereits heute erreicht.
Hauptursache hierfür ist jedoch der wirtschaftliche Umbruch in den ehemaligen
Ostblockstaaten. Die meisten westlichen Staaten hingegen haben
überproportionale Steigerungen zu verzeichnen. Einige wenige Staaten wie
Großbritannien weisen aufgrund der Substitution des Brennstoffes Kohle
durch das kohlenstoffärmere Erdgas einen gegenläufigen Trend auf.
Die Emissionen der Entwicklungsländer sind in den vergangenen Jahren viel
stärker gestiegen als durch die Reduktionen der Annex-I-Staaten kompensiert
werden könnte. Darum steigen auch die weltweiten Treibhausgasemissionen
trotz Kyoto-Protokoll weiter an. Weitere Reduktionen durch Substitutionsmöglichkeiten
von Kohle durch Erdgas sind begrenzt. Sollen die Emissionen der Annex-I-Staaten stabilisiert
oder gar noch weiter zurückgeführt werden, müssen hierfür vorhandene Einsparpotenziale
zügig erschlossen und mittelfristig CO2-neutrale Energieträger wie erneuerbare
Energien im großen Stil genutzt werden. Andernfalls, so zeigen Szenarien
der Klimaforscher, könnten die Folgen fatal sein. Ob sie damit recht haben,
wird dann unser globales Experiment mit dem Weltklima beweisen.
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