erschienen in Sonne Wind & Wärme 10-11/2001 S.74-78
Rund ein Prozent der Fläche der Sahara würde ausreichen, um mit Solarkraftwerken den gesamten Elektrizitätsbedarf der Erde zu decken. Nach zehn Jahren weltweitem Baustopp steht die Errichtung neuer solarthermischer Kraftwerke im Sonnengürtel der Erde kurz bevor.
Die Geschichte der solarthermischen Stromerzeugung ist lang. Bereits im Jahr 1906 wurde mit Entwicklungen von solarthermischen Kraftwerken begonnen. In den USA und in der Nähe von Kairo (Ägypten war damals noch britische Kolonie) entstanden Versuchsanlagen, und erste Tests verliefen erfolgreich. Vom Erscheinungsbild waren die Rinnen-Anlagen den heutigen bereits erstaunlich ähnlich. Materialprobleme und andere technische Schwierigkeiten beendeten jedoch im Jahr 1914 kurz vor Ausbruch des ersten Weltkriegs die ersten Ansätze einer großtechnischen solaren Stromerzeugung [1].
Abb. 1 a und b: Solarthermische Rinnenkollektoren einer Versuchsanlage am europäischen Testzentrum Plataforma Solar de Almería in Spanien
Fotos(3): Volker Quaschning
Erst im Jahr 1978 wurde in den USA der Grundstein für die Auferstehung gelegt. Durch ein Gesetz wurden die amerikanischen öffentlichen Stromversorgungsgesellschaften verpflichtet, Strom von unabhängigen Produzenten zu klar definierten Kosten abzunehmen. Nachdem sich die Stromkosten infolge der Ölkrisen in wenigen Jahren mehr als verdoppelt hatten, bot das kalifornische Elektrizitätsversorgungsunternehmen Southern California Edison (SCE) langfristige Einspeisekonditionen an. In Verbindung mit steuerlichen Vergünstigungen wurde der Bau finanziell interessant. Im Jahr 1979 wurde die Firma LUZ gegründet, die im Jahr 1983 einen 30-Jahresvertrag mit der SCE zur Einspeisung von Solarstrom aushandelte. Im Jahr 1984 folgte die Errichtung des ersten solarthermischen Parabolrinnen-Kraftwerks in der kalifornischen Mojave-Wüste.
Bis zum Jahr 1991 wurden auf einer Landfläche von über 7 km² insgesamt neun sogenannte SEGS-Kraftwerke (Solar Electric Generation Systems) mit einer elektrischen Leistung von 354 MW installiert (Abb. 2). Rund 800 Mio. kWh speisen die Kraftwerke jährlich ins Netz ein, genug um den Bedarf von gut 60.000 Amerikanern zu decken. Acht Kraftwerke können auch mit fossilen Brennstoffen betrieben werden, sodass sie auch nachts oder bei Schlechtwetterperioden Elektrizität liefern. Der jährliche Erdgasanteil an der zugeführten thermischen Energie ist bei diesen Anlagen gesetzlich jedoch auf 25 % begrenzt. Die Gesamtinvestitionen für die Anlagen betrugen mehr als 1,2 Mrd. US$, wobei ein großer Teil der Anlagenkomponenten auch aus Deutschland bezogen wurde. Die solaren Stromgestehungskosten konnten von 0,27 US$/kWh beim ersten Kraftwerk auf etwa 0,12 bis 0,14 US$/kWh bei den zuletzt installierten Anlagen gesenkt werden [2] (1 US-Cent entspricht derzeit etwa 1,17 Euro-Cent).
Mitte der 80er Jahren fielen die Energiepreise wieder drastisch. Nachdem Ende 1990 auch noch die Steuerbefreiungen ausliefen, erfolgte der Konkurs der Firma LUZ, bevor der Bau des zehnten Kraftwerks begonnen werden konnte [3]. Seit dem Jahr 2000 zählt der Strom aus den solarthermischern Kraftwerken aufgrund der Energiekrise in Kalifornien jedoch wieder zu den preiswerten Angeboten auf dem Markt. Der lange Planungs- und Genehmigungszeitraum und die unsichere künftige Preisentwicklung hat jedoch bisher den Bau neuer Anlagen in Kalifornien verhindert.
Vor allem aber eine Großserienproduktion von solarthermischen Anlagen würde die Kosten weiter reduzieren. Langfristig geht man von einer möglichen Kostenreduktion von 0,15 auf 0,05 Euro/kWh aus. Diese Kosten wären dann in der gleichen Größenordnung wie die von konventionellen fossilen Kraftwerken, jedoch ohne den Ausstoß von klimaschädlichem Kohlendioxid.
Abb. 2: Luftbild der solarthermischen Parabolrinnen-Kraftwerke bei Kramer Junction in der Mojave-Wüste in Kalifornien, USA
Foto: KJC
Obwohl solarthermische Kraftwerke Strom erheblich preisgünstiger als PV-Anlagen produzieren können, wurden seit 1991 keine neuen kommerziellen Kraftwerke mehr errichtet. Eine größere Zahl von Projektentwicklungen lässt aber Neubauten in den kommenden Jahren sehr wahrscheinlich werden. Die Weltbank hat rund 200 Mio. US$ zur finanziellen Unterstützung des Baus kombinierter Gas-Solar-Kraftwerke in Entwicklungsländern bereitgestellt.
Dass auf die solarthermische Stromerzeugung große Erwartungen gesetzt werden, zeigen auch die jüngsten Aktivitäten. Bisher fand die Erprobung großer solarthermischer Hardwarekomponenten in Europa ausschließlich an der Plataforma Solar de Almería in Südspanien statt. Im nordspanischen Tudela im der Provinz Navarra errichtet die spanische Gesellschaft EHN derzeit ein solares Demonstrationszentrum. Eine 1,2 MWp PV-Anlage ist bereits im Bau. Ein 10 MWel Rinnen- und ein 5 MWel Turmkraftwerk mit Speicher sowie einige Dish/Stirling-Anklagen sollen in den nächsten zwei Jahren folgen.
Aufsehen erregt haben auch die kürzlich erschienenen Pressemitteilungen der belgischen Gesellschaft Solarmundo. Diese h at in Belgien Prototypen eines vereinfachten Parabolrinnen-Kraftwerks vorgestellt, mit dem angeblich deutliche Kostenreduktionen erreicht werden sollen.
Die größten Hoffnungen für den Neubau von Anlagen bestehen derzeit jedoch in Spanien. Hier hatte man beim im Jahr 1998 beschlossenen Erneuerbare Energien Gesetz die Solarthermie schlichtweg vergessen. Eine Nachbesserung des Gesetzes soll nun in den wenigen Wochen erfolgen. Dabei soll die Vergütung pro kWh um 20 Pesetas (ESP), rund 0,12 Euro über den Marktpreisen von derzeit ca. 6 bis 7 ESP (ca. 0,04 Euro) liegen. Damit wären die Bedingungen in Spanien für solarthermische Kraftwerke ähnlich günstig wie die für Windkraft- oder Photovoltaikanlagen. Einige Turm- und Rinnenkraftwerke sind in Andalusien bereits projektiert. Auch Italien hat im letztem Jahr großes Interesse für die solarthermische Stromerzeugung gezeigt und größere Geldmittel bereitgestellt.
Es bleibt zu hoffen, dass in Kürze auch tatsächlich verlässliche Rahmenbedingungen für die Errichtung solarthermischer Kraftwerke gesetzt werden, damit die bisher ausgebremste Verbreitung dieser Technologie endlich durchstarten kann.
Solarthermische Kraftwerke nutzen im Gegensatz zur Photovoltaik nicht den Photoeffekt, sondern gehen den Umweg über die Wärmeerzeugung. Hierbei gibt es zahlreiche Varianten wie Parabolrinnen-Kraftwerke, Solarturm-Kraftwerke, Dish/Stirling-Anlagen und Aufwindkraftwerke.
Abb. 3: Solarturm-Versuchs-Kraftwerk am europäischen Testzentrum Plataforma Solar de Almería in Spanien
Foto: Stefan Franzen
Bei Parabolrinnen-Kraftwerken konzentrieren große Spiegel, die zu einem rinnenförmigen Kollektor
zusammengefügt werden, das Licht auf eine Brennlinie. Mehrere Kollektoren werden in einer mehrere hundert Meter
langen Reihe nebeneinander aufgestellt. Viele parallele Reihen wiederum formen das gesamte Solarkollektorfeld.
Die einzelnen Kollektoren drehen sich um ihre Längsachse und folgen so dem Lauf der Sonne. Die Spiegel
konzentrieren das Sonnenlicht mehr als 80fach im Brennpunkt auf das Absorberrohr. Dieses ist zur Reduktion der
Wärmeverluste in eine evakuierte Glashülle eingebettet. Eine spezielle selektive Beschichtung auf dem
Absorberohr verringert die Wärmeabstrahlung der Rohroberfläche. Bei den herkömmlichen Anlagen
durchströmt ein spezielles Thermoöl das Rohr, das sich durch die Sonnenstrahlung auf Temperaturen
von knapp 400 °C aufheizt. Über Wärmetauscher wird die Wärme an einen Wasser-Dampf-Kreislauf
abgegeben, unter Druck Wasser verdampft und weiter überhitzt. Der Dampf treibt eine Turbine und einen Generator
an, der elektrischen Strom erzeugt. Hinter der Turbine kondensiert der Dampf wieder zu Wasser, das mit Hilfe einer
Pumpe erneut in den Kreislauf gelangt (Abb. 4).
Abb. 4: Prinzip des solarthermischen Parabolrinnen-Kraftwerks
Grafik: Volker Quaschning
Bei Schlechtwetterperioden oder nachts kann der Wasser-Dampf-Kreislauf auch durch einen fossilen Brenner betrieben werden. Im Gegensatz zur Photovoltaik lässt sich damit eine tägliche Leistungsabgabe garantieren. Dies erhöht die Attraktivität und Planungssicherheit im Kraftwerksverbund. Möchte man die Anlagen völlig kohlendioxidfrei betreiben, kann man auf den fossilen Brenner verzichten und stattdessen einen thermischen Speicher integrieren. In einem Tank wird dabei heißes Thermoöl gespeichert. Nachts und bei Schlechtwetterperioden wird dann der Wasser-Dampf-Kreislauf aus dem Tank gespeist. Der parallele Brenner kann auch mit Biomasse oder mit solarem Wasserstoff betrieben werden.
Durch technische Weiterentwicklungen versucht man, den Wirkungsgrad weiter zu steigern und die Kosten zu reduzieren. In Südspanien in der Nähe von Almería wird derzeit zum Beispiel die solare Direktverdampfung erprobt. Hierbei wird Wasser durch die Kollektoren beim hohem Druck direkt auf 400 °C erhitzt. Dieser Dampf kann sofort in die Turbine geleitet werden, wodurch das Thermoöl und die Wärmetauscher überflüssig werden.
Bei Solarturm-Kraftwerken sind mehrere hundert oder gar tausend Spiegel - auch Heliostaten genannt - um einen Turm angeordnet. Diese Heliostaten werden einzeln computergesteuert der Sonne nachgeführt und auf die Turmspitze ausgerichtet. Dabei müssen sie auf Bruchteile eines Grades genau ausgerichtet werden, damit das reflektierte Sonnenlicht auch wirklich auf den Brennpunkt gelangt. Hier befindet sich ein Absorber, der durch das hochkonzentrierte Sonnenlicht auf Temperaturen bis über 1.000 °C erwärmt wird. Bei diesen hohen Temperaturen eignet sich als Wärmeträgermedium entweder Luft, die unter Druck direkt über eine Gasturbine geleitet werden kann, oder flüssiges Salz, das über einen Wärmetauscher Wasserdampf erzeugt.
Im Gegensatz zu Rinnen-Kraftwerken lassen sich mit Turm-Kraftwerken höhere Wirkungsgrade erzielen. Bei den Stromgestehungskosten liegen heute Türme und Rinnen etwa gleich auf.
Während Rinnen- und Turm-Kraftwerke nur in großen Leistungsklassen von etlichen Megawatt wirtschaftlich sinnvoll sind, lassen sich die sogenannten Dish/Stirling-Systeme auch in kleineren Einheiten zum Beispiel zur Versorgung von abgelegenen Ortschaften einsetzen.
Bei einer Dish/Stirling-Anlage konzentriert ein zweiachsig nachgeführter Hohlspiegel das Licht ebenfalls auf einen Receiver. Dieser gibt die Wärme an das eigentliche Herz der Anlage weiter: den Stirlingmotor. Er setzt die Wärme in Bewegungsenergie um und treibt einen Generator an, der schließlich elektrische Energie erzeugt. Spiegeldurchmesser von rund 9 Metern erreichen eine elektrische Leistung von 10 kW.
Der Stirlingmotor lässt sich nicht nur durch die Sonnenwärme, sondern auch durch Verbrennungswärme antreiben. Bei der Kombination mit einem Biogas-Brenner lässt sich mit diesen Anlagen auch nachts oder bei Schlechtwetterperioden Strom erzeugen.
Einige Dish/Stirling-Prototypen wurden in Saudi-Arabien, Spanien und den USA aufgebaut. Im Vergleich zu den Turm- oder Rinnenkraftwerken sind die Kosten jedoch noch relativ hoch. Bei einer Serienproduktion mit großen Stückzahl ließen sich jedoch auch hier starke Kostenreduktionen erreichen.
Abb. 5: Dish/Stirling Versuchsanlage am europäischen Testzentrum Plataforma Solar de Almería in Spanien
Foto: Volker Quaschning
Das Aufwindkraftwerk nutzt die Erwärmung von Luft unter einem Glas- oder Plastikdach aus, das eine große ebene Fläche bedeckt (Kollektordach) In der Mitte steht ein hoher Kamin. Das Glasdach steigt in Richtung Kamin leicht an. An den Seiten des riesigen Daches strömt Luft ungehindert ein. Die Sonne erwärmt sie. Dadurch folgt sie der leichten Steigung des Daches und steigt dann mit einer großen Geschwindigkeit den Kamin hinauf. Über die Luftströmung im Kamin werden Windgeneratoren angetrieben und Strom erzeugt.
Der Boden unter dem Glasdach kann Wärme speichern, so dass das Kraftwerk auch noch nach Sonnenuntergang Strom liefert. Da der Wirkungsgrad des Aufwindkraftwerks im Vergleich zu den anderen Techniken sehr gering ist, werden für diese Kraftwerke große Flächen benötigt. Für größere Leistungen braucht man außerdem einen sehr hohen Kamin. Nach Berechnungen der Anlagenplaner müsste eine 30 MW Anlage eine Kollektorfläche von 3,8 Mio. m² und einen Turm mit einer Höhe von 750 Metern besitzen.
Anfang der 80er Jahre wurde ein kleines Demonstrationskraftwerk mit einer Nennleistung von 50 kW bei Manzanares in Südspanien errichtet. Das Kollektordach dieser Anlage hatte einen mittleren Durchmesser von 122 Metern und der Kamin eine Höhe von 195 Metern. Nach erfolgreichem Abschluss der Versuche wurde diese Anlage im Jahr 1988 wieder demontiert, nachdem der Kamin durch einen Sturm umgeworfen worden war.
Abb. 6: Aufwindkraftwerke
Grafik: SBP
So interessant die solarthermischen Kraftwerkstechniken auch sind, in Mittel- oder Nordeuropa ist ihre Errichtung wenig sinnvoll. Mit Ausnahme des Aufwindkraftwerks funktionieren sie nur bei klarem Himmel, wenn direkte Sonnenstrahlung vorhanden ist, die sich mit Spiegeln konzentrieren lässt. Während in Hamburg nicht einmal 1.500 Sonnenscheinstunden im Jahr erreicht werden, sind es in Südspanien oder Nordafrika 3.000 oder mehr. Darum wäre der Strom aus solarthermischen Anlagen in Deutschland rund drei mal so teuer wie im sonnigen Süden. Der Bau von Aufwindkraftwerken ist nur in Wüstenregionen sinnvoll, in denen das Land praktisch kostenlos zur Verfügung steht. Da in Südeuropa und Nordafrika jedoch genügend Standorte vorhanden sind und ein Transport der Elektrizität nach Mittel- und Nordeuropa technisch problemlos möglich ist, könnten sich solarthermische Kraftwerke mittelfristig zu einem Exportschlager für die deutsche Industrie entwickeln und auch einen wichtigen Beitrag zu unserer Elektrizitätsversorgung und damit zum Klimaschutz leisten.
[1] Mener, Gerhard : War die Energiewende zu Beginn des 20. Jahrhunderts möglich? In : Sonnenenergie Heft 5/1998, S. 40-43
[2] Quaschning, Volker; Geyer, Michael : Konzentration auf die Sonne. In : Sonne Wind & Wärme 4/2000, S. 50-53
[3] Geyer, Michael; Holländer, Andreas; Aringhoff, Rainer; Nava, Paul : Hälfte des weltweit produzierten Solarstroms. In : Sonnenenergie Heft 3/1998, S. 33-37
[4] Quaschning, Volker: Regenerative Energiesysteme. Carl Hanser Verlag München 1999.
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